Die Deutschen und das Goldene Kalb
Vor einigen Tagen bin ich auf eine Zeitungsnotiz gestoßen.
Die Wirtschaftswoche berichtet darüber, daß große Teile der Goldreserven der Bundesbank nach Deutschland zurückgeführt werden sollen.
Mehr als über den Artikel selber bin ich allerdings über folgenden erläuternden Hinweis der Wirtschaftswoche gestolpert.
Zur Erläuterung der Frage: "Wieso lagern 45 Prozent des deutschen Goldes in New York?" schreibt die Wirtschaftswoche:
Das hat historische Gründe. Im Weltwährungssystem von Bretton Woods, das Anfang der 70er Jahre aufgegeben wurde, tauschten die USA zum festen Kurs von 35 Dollar je Feinunze Gold. Deutschland erzielte in den Wirtschaftswunderjahren hohe Exportüberschüsse; die Bundesbank wechselte deshalb ständig D-Mark gegen Dollar und häufte so große Dollar-Bestände an, die sie gegen Gold tauschen konnte.
Das Gold blieb nach dem Tausch einfach in den Tresoren der US-Notenbank Fed in Manhattan. Es war also nie in Deutschland. Ähnlich lief es in der Europäischen Zahlungsunion, durch die die Bundesbank ebenfalls an das Gold kam, das heute in London und Paris aufbewahrt wird.
Bemerkenswertersweisedeckt sich dies sogar mit einer Erläuterung des Honigmann, einer der übelsten braunen Propagandaseiten überhaupt, die ebenfalls einräumt, daß das fragliche Gold nie in Deutschland war.
Diese Erläuterung paßt so gar nicht in die übliche braune Ecke, aus der "Holt das Gold heim ins Reich" Phantasien überlicherweise kommen, und wo man immer insinuiert, die Goldreserven der Bundesbank seien von den Alliierten geraubt, verpfändet oder sonst etwas.Auch wenn die zitierte Passage vom “Honigmann” diesen Blödsinn wieder strapaziert: Am angegebene Orte heißt es: “Mit Kriegsende 1945 hatte Deutschland überhaupt kein Gold mehr, denn alles, was an Reserve noch da war, wurde als Reparation von den Alliierten beschlagnahmt.”
Vielmehr fügt sich dieser Kommentar ganz erschreckend zum Fernsehbeitrag Unser Wirtschaftswunder - Die wahre Geschichte von Christoph Weber.
Christoph Weber entlarvt in seinem Beitrag die Mär vom "fleißigen Deutschen" als das, was es ist: Schlichter Quatsch.
Der Wikipedia Abschnitt zur “Wirtschaft im Nationalsozialismus”, Finanzierung und Währung, erläutert die Gesamtsituation.
Tatsächlich ist unser "Wirtschaftswunder" im wesentlichen eine Mischung aus Aufholwachstum, Wiederbelebung eines weitgehend intakten industriellen Kerns im Westen Deutschlands, einer ganzen Reihe für uns äußerst günstiger (und durchaus nicht aus Mitleid geschaffener) Rahmenbedingungen - und einem bis heute nicht überwundenen Merkantilismus.
Zu den Rahmenbedingungen zählen im wesentlichen, auch wenn Christoph Weber das für meinen Geschmack etwas kleinredet,
- die Währungsreform, die nach der Kriegswirtschaft von Schacht und Hitler Deutschland eine Notenbank mit gültiger Bilanz verschafft hat. Diese gab es nämlich nicht mehr, da die Reichsbankbilanz mit Öffa-Wechseln und Mefo-Wechseln, die nie eingelöst worden sind, zugemüllt war. Hier war eine geordnete Abwicklung erforderlich. Im wesentlichen war dies ein Währungsschnit 10:1, d.h. 90% der Bilanzsumme sind als Verlust abgeschrieben worden.
- die Konferenz von Bretton Woods 1944, die die USA sicher nicht nur aus philantropischen Zielen veranstaltet hat. Soweit ich weiß, sind keine Länder des späteren Ostblocks zu dieser Konferenz geladen worden, auch haben die USA den US Dollar als Reservewährung durchgedrückt, damit war die währungstechnische Inkompatibilität von Ost und West faktisch besiegelt. Bretton Woods ist also nicht primär zur Schaffung einer Weltwährungsordnung genutzt worden, was vermutlich die Absicht von John Maynard Keynes war, vielmehr haben die USA in Bretton Woods bereits ganz kräftig den kalten Krieg angeheizt.
- der Marshallplan, der ebenfalls nicht uneigennützig war. Die Bundesbank hat die Bundesrepublik Deutschland zwar wieder mit einer Währung versorgen können, nur wäre dies eine reine Binnenwährung gewesen, ein funktionierener Außenhandel war nicht möglich, denn Deutschland hat nach dem Ersten Weltkrieg und den letztlich nicht erträglchen Reparationsforderungen, wenn ich es richtig sehe, kaum noch im Ausland verwertbare Valuta gehabt. Hierzu verweise ich auf den Fernsehbeitrag Die Deutschen II 10 Gustav Stresemann und die Republik. Auch die Rentenmark hätte dieses Problem nicht lösen können. Und unser "Wirtschaftswunder" wäre stecken geblieben, denn ohne Öl oder Diesel hätte man zwar Kohle fördern können - nur hätte man die LKW zum Transport schieben müssen. Als Teil des Marhallplans haben uns die USA eine Kreditlinie von 12,5 Milliarden USD eingeräumt. Und damit hat man Deutschland den Zugang zur westlichen Wirtschaft eröffnet. Die Bundesrepublik konnte emdlich wieder Handel treiben. (Hitler hat, wie bekannt sein dürfte, zum Teil bizarre Autarkieanstrengungen betrieben.) Eine interessante Parallele ist der Vergleich zu Köln zur napoleonischen Zeit.
- und nicht zuletzt die Londoner Schuldenkonferenz, die Christoph Weber zutreffend bewertet und die gewissermaßen das Kontrastprogramm zum Versailler Friedensvertrag darstellt.
Zwei Lehren sind daraus zu ziehen.
Erstens: Wir müssen unseren Umgang mit anderen Ländern grundlegend ändern. Wir dürfen nicht andere Länder in den Schuldturm werfem, während man uns auf der Londoner Schuldenkonferenz unsere Schulden und Reparationsverbindlichkeiten nach dem Zweiten Weltkrieg erlassen hat. (Mir ist dem Namen nach eine gewisse promovierte Physikerin bekannt, die das anscheinend etwas anders sieht als ich.)
Zweitens: Wir müssen endlich lernen, wie Wirtschaft funktioniert.
Eben lese ich einen Artikel: Wenn es kein Aufholwachstum mehr gibt, dann muss das Wachstum aus den Innovationen kommen.
Offenbar glaubt die Christian Dreger vom DIW immer noch, es werde der Medizin gelingen, uns einen zweiten Arsch zu geben, denn mit einem Arsch brauchen wir auch nur einen Pott für drauf zu scheißen. (Christoph Weber geht auf das Thema durchaus ein, stellt aber implizit fest, daß die Industrie das Problem durch "amerikanische Pötte" löst, also durch solche, die nach 3 Wochen auseinanderkrachen und ersetzt werden müssen. Auf Neudeutsch heißt das auch "premature obsolescence".)
Leider werden weder genetische Innovation dem Menschen einen zweiten Arsch geben, noch ist es auf Dauer vermittelbar, alle drei Wochen das Klo zu renovieren. Und da diese beidem Wege ausscheiden, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als endlich zu lernen, wie man mit Wirtschaft umgeht.
(Es tut mir leid, so ausscheidungsbetont über Wirtschaft reden zu müssen, aber wenn ich sehe, was manche Professoren verbal ausscheiden, denke ich an meinen alten Physiklehrer, der bisweilen meinte, manche Leute hätten Einfälle wie die Kuh Ausfälle.)
Auf welche Seite sich unser Arbeitsamt stellt, wenn es sagt, wer Arbeit sucht, findet auch welche, weiß ich nicht. Entweder will das Amt alle Arbeitslosen zu Genforschern weiterbilden - oder aber man vermittelt in die Keramikindustrie unqualifzierte Stümper, um die "premature obsolescence" zu fördern. Irgendwas muß man schließlich tun.
Die amtierende Arbeistministerin wird das Problem vermutlich musikalisch lösen.
Was hat das nun mit dem Goldenen Kalb zu tun?
Im eingangs zitierten Artikel war von der Rückholung deutscher Goldreserven die Rede. Nun "Rückholung" klingt schon etwas drollig, geht es doch um Gold, das nie in Deutschland war. Dennoch ist gerade die Neonazi-Kamarilla und ihre Lieblingspresse, u.a. solcher Mist wie die Unabhängigen Nachrichten oder unsere Salonbraunlinge vom Kopp Verlag nur gar zu gerne bereit, die Gold Reserven der Bundesbank als etwas darzustellen, das uns von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges geraubt wurde - und überhaupt droht beim gegenwärigen Gold Kurs entweder der Weltuntergang, denn er ist viel zu hoch, oder das Ende aller Zeiten, denn er ist viel zu tief.
Es würde zu weit führen, die Bedeutung von Gold in der Geschichte des Geldes zu beleuchten, diese ist zweifelsohne vorhanden, heute hat Gold aus wirtschaftlicher Sicht vor allem zwei Bedeutungen.
- Einmal ist Gold Handelsware und Investitionsgut, insofern hat es, wie alle Investitionsgüter, einen Kurswert, der, wie bei allen Investitionsgütern, schwankend ist. Gold ist ein Aktivposten in Bankbilanzen, nicht mehr, nicht weniger.
- Darüber hinaus ist Gold als Investitionsgut in der Tat sehr wertstabil und wird verläßlich von Zentralbanken zu vernünftigen Kurswerten angekauft, in der Zeit des Bretton-Woods Systems und der Goldbindung des US Dollar wurde dies durch die Kurbindung 35 US-Dollar entsprechen 1 Feinunze Gold, deutlich. Damit ist Gold als Tauschmittel zwischen verschiedenen Währungsgebieten geeignet. Man muß sich vor Augen halten, daß das Geld einer Zentralbank immer nur im jeweiligen Gebiet der Zentralbank gilt - sofern Währungen verschiedener Zentralbanken nicht ineinander konvertibel sind, d.h. daß die Währungen an Devisenbörsen frei gehandelt werden können, ist ein Handel zwischen diesen Gebieten nur über Warenkompensationsgeschäfte möglich, eine solche Ware ist Gold. (Anmerkung: Die Mark der DDR war nicht konvertibel, im weiteren Text auf dieser Webseite gehe ich darauf ein, daß spätestens seit Bretton Woods die Währungen des Ostblocks von der westlichen Wirtschaft abgeschnitten waren.) Nach den Reparationszahlungen, die sich aus dem Versailler Vertrag ergaben, hatte Deutschland praktisch keine Goldreservem mehr, da das "Dritte Reich" nur geringen Außenhandel betrieb, weiter unten verweise ich auf Hitlers Autarkiebemühungen, war die Reichsmark faktisch nicht konvertibel und die Devisenbeschaffung für das "Dritte Reich" ein großes Problem, wir haben das bei der DDR in ähnlicher Form erlebt.
Daß wir nun das Gold umtanzen wie Aaron das Goldene Kalb hat nicht nur etwas mit der mythischen Überhöhung des Goldes zu tun, sondern vor allem damit, daß wir in Deutschland seit den Urzeiten des Merkantilismus im Nachgang Gott anbeten, im Hauptgang Helmut Schmidt - und im Vorweggang den von uns allen geliebten, verehrten, hoch gehaltenen, von unserer Allerwertesten, der Mutter des Abendlandes, der Göttlichen, der Erfüllung der Vorsehung, der Sonne der Zivilisation, der Krone der Schöpfung, der Erfüllung aller Heilsprophetien aller Weltreligionen, der Perle der Uckermark, Frau Bundeskanzlerin Dr. rer. nat. Angela Merkel so hoch gehaltenen Außenhandelsüberschuß. Mittlerweile wird der Merkantilismus unserer Imperatrix schon als "Merkelantismus" verspottet - macht nichts, die Frau macht weiter, egal, wieviel Resteuropa sie damit noch plattfährt.
Hat Aaron die Geschmeide Israels zum Goldenen Kalb eingegossen, läßt unsere Bundeswalküre den Erfolg des Merkelantismus in Manhatten in Barren gießen - daß man das Zeug nicht essen kann, stört sie dabei wenig, ich frage mich, wie sie es lieber mag:
Mit Ketchup - oder mit Mayo.
Dabei ist das für Merkel überraschend keynesianisch: Soweit ich weiß, geht die Idee, Außenhandelsüberschüsse in Gold anzulegen, auf Keynes zurück. Freilich hat er hoffentlich schon wie Karl Schiller gedacht - und folglich nicht geglaubt, daß die vergoldeten Außenhandelsüberschüsse der Welt auch nur für eine Zahnfüllung hätten reichen sollem.
Was wir heute erleben, ist also einerseits eine Goldüberhöhung aus der Quelle brauner Propaganda, andererseits die ökonomische Onanie des Exportweltmeiters.
Hermann Scheer würde uns jetzt daran erinnern, daß das lateinische Wort "privare" auf Deutsch "berauben" heißt und uns damit darauf hinweisen, was wir hier eigentlich umtanzen: Die geraubten Güter, die wir anderen Ländern gestohlen haben. Oder, um es Ihnen, geschätzter Leser, mal in aller Deutlichkeit um die Ohren zu knallen: Was da in Manhatten liegt, ist nicht "Das Vermögen des Deutschen Volkes", oder wie Ulfkotte&Co. auch immer nennen mögen - es ist Diebesgut. Und nichts anderes.
Hat Hitler noch Erwin Rommel nach El Alamein geschickt, sicher nicht zuletzt um an die ägyptischen Ölreserven heranzukommen, die man im Nazireich (ich erwähnte den Devisenmangel) händeringend brauchte, läßt Merkel ihre Troika rommeln. Ob man mit Olivenöl soweit fahren kann wie mit Erdöl weiß ich zwar nicht, aber man kann es erstmal aus Griechenland herauspressen - für den Rest sind die Autobauer zuständig und der Bundespräsident wird gerne den Innoviationspreis der Deutschen Wirtschaft für das erste mit Olivenöl betriebene Auto vergeben, vermutlich ist es nicht der VW Käfer sondern der VW Rommel.
An dieser Stelle verweise ich auf einen Aufsatz von Heiner Geißler in der ZEIT: "Wo bleibt Euer Aufschrei?" in dem Geißler den Grund identifziert, der seinerzeit Aaron zum Umtanzen des Goldenen Kalbes geführt hat und der heute Merkel wieder leitet, es ist die Gier.
Eine Gier, die uns zerfrißt, die uns dazu bringt, uns nicht nur selbst zu belügen sondern die Lüge auch noch für die Wahrheit zu halten. Und germe verweise ich auf Lothar Dombrowski und Erwin Pelzig, wo Georg Schramm Hannah Arendt sinngemäß zitiet, daß der Lügner noch wisse, daß er lügt, während der Verlogene es nicht mehr wisse, weil er die Lüge für die Wahrheit hält.
In diesem Sinne sind wir Verlogene, weil wir das Gold in Manhatten zum Kalb gießen und es umtanzen und uns unserer Imperatrix freuen - daß dieses Gold Raubgut ist, und nicht der Erfolg "der Menschen, die morgens aufstehenen und fleißig arbeiten" (Ursula von der Leyen) ist zwar eine Lüge - aber wir halten diese für die Wahrheit und als Verlogene merken wir das nicht mal mehr.
Was wäre denn eine denkbare Alternative?
Natürlich erstmal Dr. Rudolf "Ich bin die Alternative" Rentschler.
Dann endlich einmal die Abkehr vom Sayschen Theorem.
Gerade nach Abschluß eines Aufholwachstums haben wir in der Wirtschaft in Teilen des Marktes Marktsättigung erreicht.
Jeder kann im Supermarkt Regale mit Dutzenden von Shampoo-Sorten sehen. Und offenbar sind wir außerstande zwischen den Alternativen eines Volkes von völlig verdreckten Pennern und einem Volk von hygienekranken Wahnsinnigen, dessen Leute zehnmal täglich unter die Dusche rennen und dabei pro Person und Duschgang mehr Wasser verdrecken, als in Somalia ein ganzes Dorf in einer Woche verbraucht, einen tragfähigen Mittelweg zu finden.
Wir haben es einfach nicht gelernt, mit unserer Produktivität umzugehen. Wenn wir derart produktiv arbeiten, daß wir im Mittel mit einer Zwei Stunden Woche den Bedarf an Versorgungsgütern produzieren - dann muß es möglich sein, in diesen beiden Stunden genug Geld zu verdienen, um den Wochenbedarf an Gütern und Dienstleistungen zu decken.
So einfach ist das.
<Flassbeck> Hat nur keiner begriffen. </Flassbeck>
Es kann jedenfalls nicht Sinn der Sache sein, in einer 40 Stunden Woche das zwanzigfache des Bedarfs zu produzieren und zu hoffen, daß sich irgend ein Mensch findet, der das ganze Zeug kauft. Das mag im Aufholwachstum scheinbar funktionieren, aber irgendwann ist eine Marktsättigung erreicht - und das System bricht zusammen.
Die Amerikaner hatten gegen Ende der 40er Jahre ein "Patenrezept": Den Marshallplan. Europa lag in Trümmern, der amerikanische Markt war dicht - und die USA arrondierten um sich herum ein Ensenmble zusammengeschossener und zerbombter Volkswirtschaften, die die heimische Überproduktion abnahmen.
Deutschland hatte auch eine Patentlösung: Sie produzierten Stahl und Rüstungsgüter, Christoph Weber hat das wunderbar dargelegt, die die USA im Koreakrieg - und weiteren Kriegen - wunderbar brauchen konnten und kauften. Wir haben den Amerikanern die Waffen geliefert, die USA haben dafür ihren Coca-Cola Überschuß an uns verkauft. (Es verbietet sich natürlich von selbst, das auf das heutige Freihandelsabkommen zu übertragen. Sie wissen schon, lieber Leser, ich meine das mit den Chlorhühnchen.)
Solange es irgendwo Krieg, Not, Elend, Naturkatastrophen oder sonstiges gibt, in dessen Überresten die westliche Welt ihre Überproduktion absetzen kann, z.B. 1989 nach der "Wende", haben wir mal wieder ein bißchen Aufholwachstum und ein daraus resultierendes Mikrominizwergaufschwunglett, daß dann mal wieder drei Wochen dauert - und schon geht die Scheiße von vorne los.
<Flassbeck> Hat nur keiner begriffen. </Flassbeck>
Ich darf natürlich nicht vergessen, daß Naturkatastrophen und Überschwemmungen sich auch regelmäßig dafür eignen, das ach so notleidende deutsche Volk von seinem schlechten Gewissem zu befreien, und wenn dann eine in die Kleidung einer "Weißen Frau" gewandete Lourdess namens Maria Furtwängler (IIRC) die Gala-Schecks überreicht oder eine alternde Heidi Kabel über Handy ein unbekanntes ausgebombtes Kind "tröstet" oder sich irgend eine Frau Hochofen die Charity Millionen fast schon zwischen die T**** steckt, dann wissen wir wieder alle: Es ist nicht nur ARD Brennpunkt oder ZDF spezial, es ist Weihnachten. Und so sehr der Exportweltmeister die Völker auch beraubt: Zu Weihnchtaen gibt er etwas davon zurück, getreu dem alten Christenmotto: Brot für die Welt - die Wurst bleibt hier.
Nur lernen wir nicht daraus. Wir lernen es nicht, vernünftig zu wirtschaften, dazu sage ich hier etwas.
Stattdessen müllen wir jetzt Afrika mit unserer Überproduktion zu, verstopfen die Märkte mit unserem EU Subventionsscheiß - und wenn die arbeitslose Bevölkerung aus Afrika aus Not und Hunger nach Europa rübermachen will, wird diese auf Lampedusa gleich gebührend in Empfang genommen.
Und wenn das immer noch nicht reicht, bringen wir rumänische Bauern in Abhängigkeit von Phoenix und Monsanto damit diese auch endlich ihren, Verzeihung, unfruchtbaren Gen-Rotz absetzen können, der nur einmal verwendet werden kann - und die Bauern können nicht einfach, wie seit Jahrtausenden, Korn als Samen übrigbehalten sondern müssen sich im Folgejahr neues Saatgut kaufen.
So schafft man "Nachfrage".
Für Mais. Angebaut auf Feldern, die wir den Indios in Brasilien rauben, den wir dann - mit leichtem Umweg über die Methanherstellung - vebrennen statt ihn zu essen, und die Banken spekulieren auf Nahrungsmittel, die wir verbrennen statt sie zu essen.
Wo ich es gerade lese. Audi investiert. Und will noch mehr Autos absetzen.
Absatz, Absatz, Absatz, das ist alles, worum es uns geht.
Dabei ist das gar nicht das Problem. Wir haben genug. Viel mehr als das. Unser EU Subventionskrust wird teils als Milch in die Nordsee verklappt, teils als nicht absetzbare Äpfel irgendwo untergepflügt, oder wenn das nicht effizient genug ist, gleich in die Müllverbrennung geschmissen - nur um den Bauern ihre Preise zu sichern. Die schaffen sich halb tot, hier in Stuttgart ist Trinkwassernotstandsgebiet - weil die Bauern ihre Felder bis zum Umfallen überdüngen und wir bei mangelndem Niederschlag die Erde nicht saubergespühlt kriegen - und statt dem Bauern für ausreichend Brot ausreichend Geld zu zahlen, lassem wir den zehnmal soviel Brot machen wie wir brauchen, nur damit die Bauern keine Freizeit haben und wir das Brot auf den Müll schmeißen können.
Und da geht doch die Lösung genau los: Können wir Bauern nicht gleich vernünftig bezahlen? Können Bauern nicht einfach produzieren, was wir brauchen? Und nicht das zehnnfache? Und wir verbrennen 90% davon, um den Bauern die Preise zu halten?
Übrigens: Hartz IV funktioniert ganz genauso. Das wenigste davon kriegen die Bedürftigen. Das meiste versackt im der kollektivem Onanie von Amt, Weiterbildungsmaßnahmen, Bewerbertrainings, Übungsfirmen, Strickkursen für Arbeitslose, Puzzlen für das Arbeitsamt, "Regiegeldern" für Praktikumsanbieter und und und und und.
Da werden Milliarden von Euro für Leute rausgeschmissen, die im Hartz IV System gar nichts produktiv schaffen. Die aber laut unserer Max Weber Psychose keine Tagesfreizeit haben dürfen - stattdessen haben sie "bezahltes Tagesnichtgeschäft mit Anwesenheitszwang und Stressgarantie".
Ich habe mal willkürlich ein paar Beispiele rausgesucht.
- Erwachsenen Verwahranstalten in der Hartz IV - Industrie
- Hartz 4 Maschine (Teil 1) Reportage Dokumentation
- Die Hartz IV Fabrik -- Ein Meisterstück in Sachen NWO
Können wir dem Shampoo-Hersteller nicht gleich genug Geld geben, wenn er uns genug Shampoo für alle gemacht hat? Warum muß derselbe gottverdammte Seich in hundert verschiedenen Aufmachungen im Regal stehen, 90% der Flaschen landen in der Müllverbrennung - nur damit die Shampoo-Hersteller auch ihre 80 Stunden Woche (bezahlt werden freilich nur 40) vollkriegen?
Es geht nur darum, daß die Leute die vorgeschriebene Arbeitszeit vollkriegen - wer dafür als Mensch nicht gebraucht wird, wird weggeschmissen wie die Milch, die in die Nordsee verklappt wird, und was von den überproduzierten Gütern nicht gebraucht wird, landet ganz genauso auf dem Müll - und unser Drei Wetter Taft auf zwei Beinen: Berlin, 10.00 Uhr, Regen, die Frisur sitzt, Kabul, 14.00 Uhr, Wind, die Frisur sitzt, Kundus, 15.30 Uhr, Sonne, die Frisur sitzt, erzählt uns vom Talkshow zu Talkshow, von Jauch zu Illner, von Beckmann zu Maischberger, von Will zu Plasberg, unser Wirtschaftswachstum liege an den Leuten, die morgens aufstehen und fleißig arbeiten, und damit diese Lüge so bestehen bleibt, müssen die Griechen hungern.
Dabei würde die ihr Geschäft in einem Zehntel der jetzigen Zeit erledigen können. Wenn sie nicht den Rest der Zeit in überflüssigen Talkshows hocken würde. (Und das wird sich im neuen Amt auch nicht ändern.)(Und ihre Nachfolgereuse könnte die freie Zeit für etwas sinnvolles nutzen. Naja, da gesellt sich gleiches zu gleichem. Andrea Nahles wird vermutlich kaum jemals besser singen als diese Youtube-Tussi klimpert.)
Kleiner historischer Exkurs zu Köln
Zum Zugang Westdeutschlands zum westlichen Wirtschaftssystem verweise ich auf die "Franzosenzeit", die Zeit von 1792 bis 1815 in der, soweit ich weiß, die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland in der Rheinmitte verlief. Köln war damals unter französischer Herrschaft und Teil des französisichen Wirtschaftsraums. Dies hat Köln eine sehr positive wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht, der der rechtsrheinische Raum lange Zeit hinterhergehangen hat.
Exkurs zur Binnenwährung
An dieser Stelle verweise ich auf eine sehr aufschlußreiche Webseite zur Konversionskasse.
Ich denke, wir machen uns generell die wirtschaftliche Lage Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg überhaupt nicht klar. Während die Siegermächte die Bilanzen ihrer Notenbanken durch Kriegsanleihen aufgebläht hatten - und folglich eine massive Inflationsgefahr bestand - ist Deutschland in Auslandsschulden als Folge von Reparationsforderungen regelrecht abgesoffen. Notwendige Ressourcen, vor allem Öl, waren für Deutschland nicht zugänglich.
Darüber hinaus haben in den USA und England vor allem Rentiers versucht, die Kriegsinflation zurückzudrehen und den Dollar bzw. das Pfund auf Vorkriegskaufkraft anzuheben und die amerikanische und britische Wirtschaft bewußt in die Deflation getriebem, siehe hierzu die Ausführungen von Wolfgang Waldner. Hierunter hat auch der amerikanische und britische Außenhandel gelitten, amerikanisches umd englisches Kapital wanderte aus Deutschland ab, es gab praktisch keinen Waren- und Kapitalfluß zwischen Deutschland und dem Ausland.
Hinzu kommt, daß Deutschland nach dem Versailler Vertrag im Ausland völlig überschuldet war.
In der Folge waren die Gold- und Devisenreserven des Reiches spätestens Anfang der 30er Jahre völlig erschöpft und die "Reichsmark" zu einer reinen Binnenwährung herabgestuft.
Wenn wir aus heutiger Sicht beurteilen, wie Hjalmar Schacht die Reichsmark zu stabiliseren versuchte, nämlich duch Ankauf von Öffa- und Mefo-Wechseln durch die Reichsbank, dann ist das formal grundsätzlich durchaus vernünftig. Das Problem hat nur darin bestanden, daß Öffa und Mefo faktisch Tarnfirmen waren, die überhaupt keine zivilwirtschaftliche Wertschöpfung erbrachten sondern von Hitler für die Kriegswirtschaft mißbraucht worden sind. Insofern war nach Ende des zweiten Weltkriegs die Bilanz der Reichsbank völlig aus den Fugen geraten weil der große Teil der Aktiva vollständig wertlos war.
Vor allem aber waren diese Maßnahmen - wenn sie denn wirtschaftlich tragfähig gewesen sind - wie schon die Einführung der Rentenmark im Jahr 1924 rein binnenwirtschaftlich und brachten Deutschland keine Devisen.
An dieser Stelle will ich noch einmal in Erinnerung rufen, wie wir überhaupt an ausländisches Geld kommen. Bei schwedischem Geld ist das leicht, wir lesen "Schloß Gripsholm". Wir erinnern uns an die zauberhafte Frage: "Hast du denn schwedischen Geldes?" Sofern uns der literarische Zugang fehlt, hilft der wirtschaftliche, und da kommen wir an ausländisches Geld genauso wie an inländisches, etwa deutsches (ich rede jetzt mal von deutschem Geld, wir sind mal vor der €-Zeit): Wir gehen zur Notenbank und verkaufen Aktiva an die Notenbank, Und im Gegenzug stellt uns die Notenbank auf sich bezogene Inhaberschuldverschreibungen aus.
Etwas weniger gespreizt heißen die Dinger auch "Geldscheine".
Und sofern unsere Währung frei konvertibel ist, d.h. sie darf grundsätzlich frei von In- und Ausländern von der Notenbank angekauft werden (wir verkaufen Aktiva an die Notenbank und kaufen dafür Geld), entwickelt sich mit einem internationalen Warenfluß zwingend ein internationaler Devisenfluß.
Grundsätzlich eignen sich hier Devisen als Aktiva, ebenso Edelmetall (das bitte nicht wieder hochstilisiert werden soll), und zehtralbankfähige Wertpapiere. Devisen und Edelmetall hatte das Reich Anfang der 30er Jahre nicht mehr, einen Warenfluß, bei dem etwa US Amerikaner deutsche Waren kauften und man Forderungen gegen US Bürger oder US Firmen etwa an die Fed hätte verkaufen können, entfielen als Folge der Weltwirtschaftskrise bzw. reichten bei weitem nicht aus, um den Devisenbedarf des Reiches zu decken.
Dämmert's? Hjalmar Schacht hat zwar geradezu prophetisch den Alexander Schalck-Golodkowski gemiemt - allein, es fehlten ein geeigneter Franz-Josef Strauß.
Die eher unerfreuliche Art, in der sich das Reich dann die notwendigsten Valuta besorgt hat, findet sich zum Teil in weniger erfreulichen Kapiteln deutscher Geschichte, zum Teil aber auch in so mancher Wohnung eher öffentlichkeitsscheuer Privatiers.
Oder was dachte der Leser dieser Seiten bisher, warum Hitler vor allem von Juden alles an Gold, Kunst, Devisen und sonstigen Valuta zusammengeraubt hat, was nicht bei 3 auf den Bäumen war? Am Ende hat er sogar die Juden selber zu Geld gemacht. Dem geneigten Leser fallen jetzt Namen wie Wolfgang Vogel oder Michael Kohl ein. Geschichte wiederholt sich. Je schmutziger umso eher.
Der feinsinnige Unterschied ist: Wenn Hitler Gold, Edelsteine, Kunst, Wertpapiere etc. geraubt hat, verdammen wir das heute als Raubgut. Wenn Deutschland im "Manhatten Transfer Project" Gold aus allen Teilen der Welt zusammenraubt, bezeichnen wir das als das Lächeln unsrer Kanzlerin.
Unter anderem Napoleon wird der Satz zugeschrieben: "Geschichte ist die Lüge, auf die wir uns geeinigt haben.
Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe nichts gegen Außenhandel. Vor allem dann nicht, wenn er fair abläuft und wir unseren Käufern nur soviel verkaufen, wie wir auch von diesen kaufen. Ob wir das nun "Fair Trade" nennen oder "Quid pro Quo" oder "tit for tat" oder "Ausgeglichene Leistungsbilanz" oder Teil des Magischen Vierecks, ist eine Frage der bevorzugten Sprache und der bevorzugten Mentholzigaretten.
Vernünftig Wirtschaften
Die Grundfrage ist doch erst einmal, was überhaupt Wachstum ist und wozu wir es brauchen. Ich habe bisher reichlich kritisiert, daß Wachstum nicht in einer andauernden Steigerung der Anzahl abgesetzter Wirtschaftsgüter bestehen kann, das geht schon deshalb nicht, weil weder Resourcen noch Absatzmärkte unbegrezt sind. Dabei ist die Alternative zu mehr verkaufen denkbar einfach - und wird den Leser zunächst einmal erschrecken: Wir sollten nicht mehr verkaufen, wir sollten teurer verkaufen.
Heiner Flassbeck weißt uns hier in einer Lehrstunde den Weg.
Und jetzt springe ich gleich mal mitten rein und frage: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Wachstum und Inflation?
Die Antwort wird den Leser jetzt erschrecken: Im Prinzip gibt es keinen. Die wirtschaftlichen Kennzahlen Wachstum und Inflation unterscheiden sich lediglich in der Bemessungsgrundlage. Wird das Wachstum über alle Preise gemessen, nehmen wir zur Inflation nur einen bestimmten Warenkorb von Gütern, dessen Preise wir messen.
Und genau da liegt auch das Problem.
<Flassbeck> Hat nur keiner begriffen. </Flassbeck>
Wir sind in Deutschland derart vernagelt auf maximales Wachstum bei 0% Inflation, daß wir gar nicht mitkriegen, daß dann, wenn die Güter des täglichen Bedarfs, die Güter aus dem Warenkorb, nicht teurer werden dürfen, irgend etwas anderes teurer werden muß - sonst kann das BIP nicht steigen. So einfach ist Mathematik.
Und da sich die Menge abgesetzter Güter nicht beliebig steigern läßt, kommen das Wachstum und die Inflation nur über die Preise. (Und die kommen - ich komme noch dazu, laut Flassbeck von den Löhnen.)
Nun muß also was teurer werden, die Güter des täglichen Bedarfs sind es nicht, die Löhne sind es nicht, also sind es beispielsweise
- Aktien und Wertpapiere
- Edelmetall und Devisen
und alles sonstige, was gerade nicht im Warenkorb rumliegt.
Da freut sich doch das Baugewerbe, die Frankfurter Börse braucht schon wieder ein neues Dach, der DAX ist vor einigen Tagen mal wieder durch die Decke gesaut. (Man munkelt, man hätte Seine Exzellenz Monsignore Dr. Tebartz van Elst hinzugezogen. Dem sauen immer Adventskränze durch die Decke, das ist ein ähnlich gelagertes Prioblem.)
So wollen wir also Wirtschaftswachstum - blei gleich bleibenden Preisen und damit (Flassbeck rückwärts) gleich bleibenden Löhnen. Und so sucht sich Kapital alles mögliche an Aktiva, die im Wert steigen können.
- Aktien und Wertpapiere
- Edelmetall und Devisen
- Nahrungsmittel
- Futures, Derivate, Optionen
- und alles, was die Thinktanks noch so an "Produkten" erfinden.
Die Realwirtschaft darf nicht teurer werden, also muß die Finanzwirtschaft das ausgleichen. Gerne verweise ich hier auf den Aufsatz Geld als Mittel zum (Selbst)Zweck von Stephan Schulmeister. Unsere Politik will Wachstum, und da eine Erhöhung der Absatzzahlen nicht beliebig möglich ist, schon gar nicht bei stagnierenden oder gar sinkenden Reallöhnenen, zwingt unsere Politik die Finanzindustrie regelrecht mit Brachialgewalt, immer neue Schwachsinnsprodukte und Aktiva zu erfinden, in die wir unser Geld stecken können.
Das ganze ist kein Problem der "pöhsen Panken". Die arbeiten systemimmanent korrekt und "produzieren" das Wachstum, das Mutti so sehr bejubelt.
Und die gleichgeschaltete Presse dazu.
Und ganz genau das ist unser Problem.
<Flassbeck> Hat nur keiner begriffen. </Flassbeck>
Das ganze ist also kein Problem der Banken - es ist die zwingende Folge einer Politik, die das Geld mit aller Macht aus der Realwirtschaft in die Finanzwirtschaft drängt.
Wobei ich befürchte, daß Mutti das sehr wohl begriffen hat. Die kriecht freilich den Reichen im Lande derart in den Arsch, daß sie das Problem nicht löst - sondern für die Banken regelrecht Casinozwang verhängt. Sie spart die kleinen Leute tot und sieht dabei (scheinbar verständnislos) zu, wie Bankbilanzen immer länger werden, was an sich nicht mal schlecht wäre, wenn hier realwirtschaftliche Aktiva verwendet würden und nicht Casinoschrott. Lieschen Brüning läßt grüßen.
Merkelantismus und Casinozwang für Banken (Wachstumszwang bei Inflationsverbot), das sind die Kochrezepte für unsere derzeitige katastrophale wirtschaftliche Lage, und wenn wir das nicht endlich einsehen, können wir den Laden hier dicht machen.
Wer bis jetzt meinen Gedanken gefolgt ist, wird eines bemerkt haben: Die Trennung von Wachstum und Inflation ist nicht unmittelbar einsichtig. In einer gesättigten Wirtschaft, in der genau entsprechend der Nachfrage produziet und genau die produzierten Güter verkauft werden, ist diese Trennung völlig unsinnig, in der sind Wachstum und Inflation genau dasselbe.
Leider sagt Flassbeck in seiner Lehrstunde nichts dazu, und leider ist das genau der Punkt, über den wir reden müssen. Wir leben in einer völlig unterlasteten Wirtschaft, wir produzieren ein mehrfaches des tatsächlichen Bedarfs. Und da ist die Begriffsrabulistik mit Wachstum und Inflation kompletter schwachsinn.
Nehmen wir mal den Gutschein fürs Kalte Büffet. In der Stadt des KdF Wagens bei Fallersleben nannte man das auch mal "Anteilsschein an der Reichseigenen Produktionsstätte des KdF Wagens, den der Führer dem Volk geschenkt hat." Klingt etwas umständlich, "VW Aktie" klingt kürzer.
Solange die Werke für "Führers Kübelwagen" Jahr für Jahr mehr Autos produzierten (also deutlich nach dem Tod des Heizbaren, zu dessen Lebzeiten hat man wohl auch 1000 Kübelwagen ausgeliefert oder so), ist zu erwarten, daß die VW Aktie im Wert lustig und fidel steigt. Und wenn ich da die VW Aktie im Wahstum mitrechne und nicht in der Inflation, mag das sinnvoll sein.
Wenn aber Menschen Bilokationsexperimente machen müssen, um zwei Kübelwagen gleichzeitig zu brauchen, ist ein Wachstum über der Inflationsrate schlicht nicht mehr möglich.
Oder um das ganze mal sehr hart zu verdichten:
Wachstum ist, etwas blumig ausgedrückt, "vorweggenommene Inflation". Wo eine Wirtschaft in Unterlast läuft, sind Wachstum und Inflation identisch, die bisherige Strategie, mit einem von Inflation unterschiedlichen Wachstum aus der Krise zu kommen, vulgo: sich aus der Krise zu sparen, ist kompletter Blödsinn. Und da wir aus der Situation der Unterlast aus den mehrfach erwähnten Gründen nicht herauskommen, sind wir in einer Situation angekommen, in der die Mechanismen der "Freien Marktwirtschaft" versagen, die "Freie Marktwirtschaft" hat dieses Szenario nicht auf dem Schirm, wissenschaftlich gesprochen: Die gegenwärtige Realität sprengt das Systemmodell der "Freien Marktwirtschaft".
Man könnte fast meinen, es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, sich etwas einfallen zu lassen. Unsere gegewärtige Notlüge, die Wirtschaft und die Banken mit Casinozwang zu belegen und Autogrammkarten der Imperatrix als Wertpapier anzubieten, scheint mir als Lösung nicht wirklich überzeugend.
Ist denn Inflation oder Wachstum etwas schlechtes?
Nein. Es ist sogar sinnvoll. Es ist der Mechanismus, in dem in einer Marktwirtschaft die Preisbildung erfolgt. Von mir aus können wir mit einem Einheitspreis von 1 € für ein Haus, eim Pferd, ein Weckle, ein Auto, ein Glas Wasser, eine Stunde Kehrwoche, ein Paar Schuhe, ein Anzug etc. anfangen. Diese Preise werden sich als Folge von Angebot und Nachfrage ändern, manche Produkte werden vom Markt verschwinden, andere werden unterschiedlich schnell teurer, am Ende sollte sich ein stabiles Preisgefühge ergeben.
Nur setzt das voraus, daß Güter auch teurer werden dürfen.
Und wenn sich die Preise für alle Güter und Leistungen in gleicher Weise erhöhen, egal ob wir vom Lohn des Müllfahrers reden oder vom Verkehrswert von Schloß Neuschwanstein, dann stört das auch niemanden, da die Wertverhältnisse der Güter erhalten bleiben. Und wenn sich Wertverhältnisse ändern, weil Güter heute anders bewertet werdem als vielleicht vor 50 Jahren, drückt sich das auch im Preis aus.
Und woher kommt das Geld?
Die Frage paßt in die Weihnachtszeit: Wie kommt die Jungfrau zum Kinde?
Dort, wo ich Wertverhältnisse habe, kann ich ein Wertnormal einführen, ob ich das nun "Schnülf" nenne oder € ist völlig belanglos. Es ist ein definiertes Wertnormal, in dem Forderungen und Verbindlchkeiten skaliert werden. Es ist, ja lieber Leser, Sie müssen jetzt stark sein, eine substanzlose, abstrakte Bezugsgröße. Eine Maßeinheit, die wir irgendwann einführen müssen - und das war's. In dem Augenblick, wo Forderungen und Verbindlichkeiten in den Büchern stehen, sind diese da - und damit auch bemessen.
Und sofern eine Nichtbank Aktiva (z.B. also auch Forderungen) an eine Bank verkauft, enstehen Verbindlichkeiten einer Bank gegenüber einer Nichtbank, das deutsche Wort dafür heißt "Geld".
Wobei dieser Forderungsankauf für die Bank nichts anderes ist als eine Bilanzverlängerung "Foderung an Verbindlichkeit". Freilich tritt eine Bank, die eine Forderung ankauft, gegenüber einem Gläubiger in Stellvertreterhaftung - was auch ganz genau der Sinn einer Bank ist.
Geld "entsteht" also dort, wo sich aus Verträgen Forderungen und Verbindlichkeiten ergeben, es "vergeht", wenn diese bedient werden. So einfach ist das. Der ganze Rest ist gewöhnliche kaufmännische Buchführung.
Anfrage an Radio Eriwan: Kann Inflation schiefgehen?
Antwort: Im Prinzip nein. Dies ist vor allem durch den Beschluß des 20. Parteitags der Kapitalistischen Partei der Deutschen Union festgelegt, daß Preise, Löhne und Gehälter alle in gleicher Weise zu steigen haben, so wie dies von den Genossen Schiller und Schmidt in den Vorlagen zum 20. Parteitag empfohlen wurde.
Leider haben sich jedoch beim Aubau des real existierenden Kapitalismus Fehler ergeben, so wurde eine wurden z.B. im unwürdigen Nachfolger der Sowjetunion oligarchische Elemente als Jugendfunktionäre eingesetzt, ebenso wurde in einer Frühform des real existiernenden Kapitalismus Deutschlands eine Jugendsekretärin für Agitation und Propaganda eingesetzt, die gennanten konterrevolutionären Elemente haben in völliger moralischer Entartung und jedwedem Klassenstandpunkt zuwiederhandelnd zugelassen, daß die Gehälter einiger Funktionäre und die Preise einiger Güter etwas gleicher gestiegen sind als andere, was zu einer völligen Kaufkraftverzerrung geführt hat, so daß einige minderwertige Elemente der Reaktion zu konsumorientiert degenerierten dekadenten Klassenfeinden verkommen sind, während die Versorgung der Arbeiterklasse zeitweilig nicht mehr sichergestellt werden konnte.
Jetzt hätte ich gerne mit einem Link auf das Lied vom Besserwissen abgeschlossen, aber ich finde keinen. Das Ding dürfte noch bekannt sein: "Wer die Welt verändert muß durch Taten lernen, denn der Sozialismus fällt nicht von den Sternen, was noch nicht erprobt ist macht sich wirklich schwer - immer laufen Fehler hinter einem her! Nachher wird mans immer besser wissen doch das Nachher kommt nicht von allein. Und weil wirs stets besser wissen müssen muß die Arbeit heut erledigt sein." Vielleicht kann unsere Mutti das ja noch, sie kanns ja in der nächsten Regierungserklärung vortragen.
Sie singt das nicht ihrem Kind vor, sondern ihrem Enkel Kasimir, der freut sich sicher.