Franz Hörmann und das Ende des Geldes
Ein anstrengendes, ärgerliches, aber für die Analyse lehrreiches Buch. Und der zugehörige Vortrag. Besonders anstrengend, und dabei leider auch besonders entlarvend, da Hörmann nicht der einzige aus der Welt der "modernen Finanzkritik" ist, der in diese Richtung entgleist, ist der passagenweise nur hauchdünn übertünchte Antisemitismus dieses Machwerks. Für Hörmann ist das Geld ziemlich offenkundig eine Erfindung des "internationalen Finanzjudentums", um hier ganz bewußt diesen Nazibegriff beim Namen zu nennen, und dient ausschließlich dem Zweck, die Menschheit auszubeuten, damit die Juden als Schnorrer und Betrüger existieren können.
Man wird mich darauf hinweisen, daß das Wort "Jude" in Hörmanns Text kein einziges Mal vorkommt.
Wenn Volker Pispers über die Wirtschaftskompetenz von "Mutti" spottet, muß Muttis bürgerlicher Name auch kein einziges Mal im Text vorkommen.
Daher wissen wir auch alle nicht, von wem Volker Pispers da redet - nur bilden unsere Hände wie von allein eine Raute und unsere Mundwinkel bilden Gräben, in denen man den Uckermärker Furchenschritt (Dieter Hildebrandt) üben könnte.
Da das Buch (hier die Fassung vom 10. August 2011) eine durchaus anregende und aufschlußreiche Lektüre ist, bin ich gerade dabei, eine kommentierte Fassung davon zu erstellen, d.h. ich werde nach und nach Kommentare in die verlinkte Datei einpflegen.
Ergänzend habe ich einen Vortrag von Franz Hörmann kommentiert.
An dieser Stelle scheint es mir sinnvoll, auf einige grundsätzliche Punnkte einzugehen und dabei auf Mißverständnisse hinzuweisen, die Hörmann vorzuwerfen sind und die leider immer wieder auftauchen.
- Das Konzept des Zwischentauschmittels
- Der als "Kritik am Zwischentauschmittel" getarnte Antisemitismus bei Hörmann
- Die Doppelte Buchführung
- Was ist eine Bank?
- Was ist Geld?
- Wie entsteht Geld?
- Wie ordnen wir Kredite in unsere Überlegungen ein?
- Zins und Zinseszins, Preisbildung, variable Wertverhältnisse (siehe auch Hörmanns Inselparadoxon, da setzt Hörmann implizit eine Planwirtschaft voraus), Inflation.
Das Konzept des Zwischentauschmittels
Hörmann lehnt das Konzept des Zwischentauschmittels auf Seite 8 seines Buches, vor allem aber auch in seinem Vortrag ab. Diese Kritik ist eine der grundlegenden Punkte bei Hörmann, also gehe ich etwas näher darauf ein.
Zur Geschichte und zur Diskussion bei Hörmann
Bemerkenswert ist, daß Hörmann selber auf Seite 4 seines Buches bemerkt: "Unser heutiges Geldsystem entstammt der Zeit der alten Sumerer und ist somit zumindest 5000 bis 6000 Jahre alt." Bei dieser Feststellumg stellt sich seriöserweise zwingend die Frage, warum die Menscheit in 6000 Jahren zwar auf den Mond geflogen ist und den Computer erfunden hat - nur hat noch niemand unser Geldsystem hinterfragt.
Tatsächlich erscheint die Deutung, daß sich "Geld" (ich werde das später näher präzisieren), also die Verwendung eines Zwischentauschmittels über lange Jahre und unabhängig voneinander in vielen Kulturen etabliert und bewährt hat, zumindest nicht von vornherein unvernünftig. Dabei hat das Zwischentauschmittel Geld eine beachtliche Evolution durchgemacht, die im Wikipedia Artikel Geschichte des Geldes durchaus beachtlich dargestellt wird. So wird u.a. eine Primärquelle "Selma Gebhardt: Von der Kaurimuschel zur Kreditkarte. Geldentwicklung im Zivilisationsprozeß. Rosenholz Verlag, Kiel / Berlin 1998, ISBN 978-3-931665-10-4." angegeben, die schon vom Titel her illustriert, wie verbreitet das Konzept "Geld" ist. Der Ursprung des Kaurigeldes läßt sich bis in die Zeit von 1500 v.Chr. nachvollziehen.
Hörmann stellt sich dabei in seinem Vortrag bei der Diskussion des Tausches selber ein Bein, wenn er als Beispiel den Tausch einer Villa gegen eine Krawattennadel bringt, bei dem in vielen Fällen der Wert der in Rede stehenden Tauschobjekte sehr unterschiedlich bewertet wird. Dieses Beispiel, das Hörmann für einen Tausch "1:1" heranzieht, erscheint kaum plausibel. Das nachfolgende Beipiel, der Tausch zweier Äpfel gegen eine Birne, erscheint dabei durchaus weniger esoterisch. Es ist sogar durchaus plausibel, daß in einer arbeitsteiligen Welt eij Obstbauer Äpfel und ein anderer Birnen anbaut - und diese hinterher Äpfel gegen Birnen tauschen und diesen Gütern am Markt durch Angebot und Nachfrage ein Wertverhältnis zugeordnet wird. Was Hörmann hier also rhetorisch ungeschickt ins lächerliche ziehen will, beschreibt in Wirklichkeit ein sehr reales Alltagsgeschehen: Menschen ordnen Gütern Wertverhältnisse zu. (Und fragen dabei nicht einmal Franz Hörmann um Erlaubnis.)
In seinem Vortrag geht es auch um den juristischen Unterschied zwischen Kauf und Tausch. Laut Hörmann ist für einen Kauf kennzeichnend, daß Geld im Spiel ist. Das sei das "schlimme". Daß beim Kauf ein "Wertverhältnis" ins Spiel kommt, bereitet Hörmann hingegen keine Not.
Er hat in seinem Vortrag auch so sauber auf Wertverhältnisse hingewiesen, daß er seinen Vortrag unglaubwürdig gemacht hätte, hätte er sich hier auf einmal widersprochen.
Hier sollte sich der Leser mit dem Abgabensystem im Feudalismus oder zur Zeit der Leibeigenschaft befassen. Der wesentliche Punkt ist, daß in manchen dieser Ordnungen festgelegt war, was dem Leibeigenen für den Lebensunterhalt höchstens zustand, den Rest mußte er seinem Herrn abgeben. Dagegen sind heutige Steuersysteme, die einem Steuerpflichtigen einen gesetzlichen Anteil seines Einkommens als Steuerlast auferlegen, und in denen sich diese Steuerlast auch an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen orientiert, deutlich besser verständlich und vor allem auch sozialverträglicher.
Warum brauchen wir ein Zwischentauschmittel?
Eben habe ich schon etwas zu Steuern und Abgaben gesagt. Deutlich klarer wird der Sinn eines Zwischentauschmittels bei dem Wort, das Peer Steinbrück beim Fernsehduell mit Angela Merkel verwendet - un das niemand verstanden hat: Bei der Wertschöpfunngskette. Wenn ich mir das Inselszenario auf Seite 55 seines Buches anschaue, ich habe das im Abschnitt Der als "Kritik am Zwischentauschmittel" getarnte Antisemitismus bei Hörmann" vollständig wiedergegeben, geht Hörmann da von einem paradiesischen Idyll aus, in dem "der Bauer seine Kartoffeln selbst zum Markt trägt". Erzeuger und Verbraucher einer Ware (analog Dienstleister und Auftraggeber einer Leistung) treten Persönlich in Kontakt und vereinbaren den Austausch von Waren und bzw. Leistungen. Das mag in Trivialszenarien gehen, wenn ich aber zum Beispiel hier in Deutschland an Zimt aus Sri Lanka gelangen möchte, ist ein persönlicher Kontakt zwischen Erzeuger und Verbraucher nicht realistisch..
Die Wertschöpfungskette ist dabei im Fall Zimt noch halbwegs überschaubar. Der Erzeuger verkauft die Ware an einen Aufkäufer, der beschäftigt Personal zur Reinigung, Qualiltätssicherung, Verpackung und Versand, tritt bei der Finanzierung des Versands in Vorleistung, versendet und verkauft die Ware an Großabnehmer in Europa, diese verpacken die Ware in handelsgerechte Gebinde, und wenn der Zimt dann in der Aktion bei Feinkost Albrecht landet, ist Feinkost Albrecht der letzte Partner in der Wertschöpfungskette vor dem Endverbraucher. Je nach Verkaufsstelle kann das also noch schlimmer werden. Hätte ich jetzt ein Auto, bei dem neben dem "Hersteller" noch ein Dutzend Zulieferer auftreten und bei dem der Käufer eines Autos auch denjenigen vergüten muß, der das Lenkrad einsetzt, wird die Sache völlig unüberschaubar. Beim Auto wird selbst der Begriff der Wertschöpfungskette problematisch, denn beim Auto ist nicht ein einziger Erzeuger beteiligt, tatsächlich habe ich eine Vielzahl von Zulieferen von Rohstoffen und Halbzeugen die in einem komplexen Prozess zum Endprodukt verarbeitet werden. Dies mit unmmittelbaren Tauschgeschäften "abzurechnen" ist schlicht nicht praktikabel.
Es ist daher nachvollziehbar, daß sich die Menschen im Verlauf der Geschichte darauf geeinigt haben, Waren und Leistungen anhand von Wertmaßstäben, z.B. Münzen zu bewerten und mit Münzen zu vergüten. Und natürlich drückt die Bewertung von Waren und Leistungen anhand von Münzem eim Wertverhältnis aus, da hat Franz Hörmann durchaus recht.
Daher ist das Inselszenario auch vollkommen idiotisch, weil es in einer Trivialwirtschaft, in der wechselseitige Tauschgeschäfte völlig ausreichen, auf einmal mit Goldstücken hantiert, die im vorliegenden Szenario überhaupt keine Bedeutung und keinen Wert haben und ich eigentlich nur kopfschüttelnd davor sitze und mich frage: Was zum Teufel sollen die Goldstücke da? Daß dabei die Goldstücke für eine realitätsdisjunkte Finanzwirtschaft stehen, ist klar. Daß hier antisemitische Ressentiments wachgerufen werden, ist zwingend, egal ob Hörmann sich das eingesteht oder nicht. (Von einem Universitätsprofessor erwarte ich, daß er sich das eingesteht, von daher ist das Verhalten vorwerfbar, ich hätte ihn nicht suspendiert, ich hätte ihn gefeuert. Ich weiß nicht, wie das in Österreich ist, im Deutschland werden Beamte auf Rechtstreue vereidigt, Angestellte im Öffentlichen Dienst schriftlich zur Rechtstreue verpflichtet, "Augen auf bei der Berufswahl", er weiß, worauf er sich da eingelassen hat.
Auf der anderen Seite ist ein "Wertnormal" für Waren und Leistungen, und ein Zwischentauschmittel ist genau das, in komplexeren Wirtschaftssystemen unverzichtbar, und wenn Franz Hörmann etwas anderes behauptet, bleibt er eine funktionierende Alternative schuldig.
Auf der anderen Seite ist ein "Wertnormal" für Waren und Leistungen, und ein Zwischentauschmittel ist genau das, in komplexeren Wirtschaftssystemen unverzichtbar, und wenn Franz Hörmann etwas anderes behauptet, bleibt er eine funktionierende Alternative schuldig.
Ja, schlimmer: Beim Versuch einer Alternative ersetzt er dasselbe durch das gleiche. So schreibt er auf Seite 110 seines Buches das folgende.
Wenn Geld schon heute nichts anderes mehr ist als pure Information und keinen eigenständigen Wert mehr darstellen kann, dann sollten wir als Menschheit dies nicht bedauern, sondern jubelnd zur Kenntnis nehmen, um endlich zu neuen Ufern aufzubrechen. Selbstverständlich muss Geld aus Luft erzeugt werden. Es ist dabei nur die Frage von wem, aus welchem Anlass und unter welchen Umständen.
Geld, das als rückzahlbare und verzinste Schuld erzeugt wird, um nur dem Gelderfinder Gewinne einzubringen, ruiniert langfristig die Gesellschaft, die Natur und den gesamten Planeten. Mit den heutigen Instrumenten der Informationstechnologie können wir aber erstmals das System der Geldschöpfung, -weitergabe und vernichtung den menschlichen Werten unterordnen, d.h. die Demokratie erzeugt sich ihr Geldsystem selbst. Nicht tote Dinge besitzen einen Wert, z.B. durch Knappheit, also durch Erpressbarkeit, sondern wahre Werte entstammen immer nur dem menschlichen Verhalten. Schon der Wert von Gold etwa setzt ja voraus, dass viele Menschen z.B. in Angst vor Geldwertverlusten versetzt werden, damit sie in diesem Edelmetall eine stabilere Basis für ihre Wertaufbewahrung sehen, d.h. auch der Wert knapper Materie ist immer nur das Ergebnis menschlichen Verhaltens, wenngleich dieses durch Politiker und Medien recht einfach manipuliert und gesteuert werden kann.
Hörmann bietet also keine Alternative. Außer einem "Geld aus Luft". Das haben wir ja seiner Auffassung nach schon, und das sei ja schlecht. Auch hat er ein Problem mit dem Zins und mit dem Gelderfinder. Zum Zins komme ich noch, aber mit dem Gelderfinder scheint sich Hörmann wirklich schwer zu tun, und aufgrund seiner übrigen Entgleisungen gehe ich davom aus, daß er hinter diesem Gelderfinder ein krudes Monstrum, so einen "JudShylockBankier" verortet, der als Geheime Weltverschwörung, möglicherweise handelt es sich gar um einen Freimaurer und Bilderberger, die Weltherrschaft anstrebt.
Ich sagte schon: Ich hätte den Mann aus dem Verkehr gezogen und erstmal psychiatrisch begutachten lassen.
Heute
Tatsächlich ist der Begriff "Zwischentauschmittel" aus heutiger Sicht vollständig obsolet. Ee hatte seine Bedeutung, als Geld eine physische Substanz hatte. Dies ist heute nicht mehr der Fall. "Geld" ist heute auf eine Verrechnungseinheit reduziert. Waren und Leistungen, um deren Austausch geht es letztlich in der Wirtschaft, wird ein "Geldwert" zugewiesen, dieser wird in einer willkürlich, aber innerhalb eines Währungsgebietes verbindlich, festgelegten Einheit angegeben.
Dabei hat Geld als Verrechnungseinheit das Zwischentauschmittel bei voller Wahrung von dssen ursprünglichen Funktion abgelöst. Es ist völlig belanglos, ob ich n Münzen (als physisches Zwischentauschmittel) in der Tasche habe - oder ob ich diese Münzen in einem Depot hinterlege und Depotscheine dafür in der Tasche habe. Und da ich die Münzen selber gar nicht begehre sondern es mir nur um das Abrechnungsvehikel "Geld" geht, kann - und werde - ich die "Münzen" schlicht und ergreifend als Denkkrücke wahrnehmen, die ich nicht mehr benötige.
Es bleibt die Frage, wie Geld entsteht und wie es vergeht - und selbst diese Frage ist eine Nebelkerze. Geld "ist" nicht, Geld dokumentiert. Genauer: Forderungen und Verbindlichkeiten werden dokumentiert.
Aus Verträgen zwischen Wirtschaftssubjekten ergeben sich wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten, diese sind bei bilanzierungspflichtigen Wirtschaftssubjeken in den Büchern dokumentiert, bei nicht bilanzierungspflichtigen Wirtschaftssubjekten kann diese Dokumentation durch Finanzintermediäre übernommen werden, zu diesen zählen insbesondere Banken. Andere Dokumentationsformen, etwa Wechsel sind möglich.
Für die Anschauung mag es dabei hilfreich sein, Banknoten und Münzen als Zwischentauschmittel aufzufassen, da sie von der Funktion her genau wie ein solches gebraucht werden können und auch werden. Das ändert nichts daran, daß Banknoten und Münzen (vom Materialwert abgesehen) keinen substantiellen Wert haben sondern nur ein Dokumentationsmittel für Forderungen sind.
Und schlußendlich können Verbindlichkeiten auch bedient werden - womit sich (so es gefällt in Wohlgeruch) auflösen. Zum Wohlgeruch zitiere ich ein kleine Anekdote aus dem Wikipedia Artikel Zimt, dort heißt es:
Im Europa des 16. bis 18. Jahrhunderts galt Zimt als eines der besonders teuren und kostbaren Gewürze. So verbrannte beispielsweise der Kaufmann Anton Fugger 1530 die Schuldscheine Karls V. vor dessen Augen in einem Feuer aus Zimtstangen und demonstrierte damit seinen Reichtum.
Und zur Komplettierung sei erwähnt, daß auch die Fugger nicht frei vom "Lehmann-Syndrom" waren, auf einer Webseite zum Hause Fugger findet sich die Notiz:
1557
Erster Staatsbankrott des Hauses Habsburg, der die Fugger-Firma schwer schädigt.
(Da unser Franzerl Österreicher ist, verarbeitet er in seinem Buch vielleicht das Habsburger Trauma, ich weiß es nicht.)
Der als "Kritik am Zwischentauschmittel" getarnte Antisemitismus bei Hörmann
Eigentlich habe ich diesen Abschnitt unter Zins unterbringen wollen, nur erstens paßt er da nicht recht und zweitens ist Hörmanns antisemitisches Gelaber dermaßen brandgefährlich und übel, daß das einen eigenen Abschnitt verdient.
Das ganze ist umso notwwndiger, als sich hier die Entwicklung des neuzeitlichen Antisemitismus mit der Entwicklung moderner Geld- und Staatstheorien vermischen. Hörmann hat im Grunde die ganze moderne Gesellschaft nicht verstanden - und entgleist in seinem kruden Gefasel in den üblichen Haßpredigten, die wir gar zu oft bei modernen "Hintergrundverstehern" wie dem Kopp-Verlag antreffen. Das ganze mischt sich auch noch mit einem ekelhaft lamoyant augelebten Dunning-Kruger Syndrom.
Das ist dieselbe salonfähig als "bürgerlich" getarnte Neonazi-Sauce, die wir auch im Hamburger Appell oder bei der AfD antreffen.
Als Beispiel behandle ich hier Inselparadoxon aus Hörmanns Buch, wobei ich mich bei Carl Brandner bedanke, der mich besonders auf diesen Abshnitt aufmerksam gemacht hat.. Es geht dort um ein Gedankenexperiment, das ab Seite 55 beschrieben wird, und das die Fehler in Hörmanns Gedankenwelt sehr deutlich illustriert. Ich zitiere den Ausschnitt hier vollständig.
Um dies besser verstehen zu können hilft folgendes Gedankenexperiment: Auf einer Insel wohnen zehn glückliche Menschen, die dort zufrieden arbeitsteilig und kooperativ, also ohne Wettbewerb, wirtschaften. Eines Tages landet dort ein Banker, der in einem Sack 100 Goldstücke mit sich führt. Er sieht, dass die Menschen auf der Insel gelegentlich Waren und Dienstleistungen miteinander tauschen und erklärt ihnen, wie hoffnungslos rückständig sie wären und schlägt ihnen schließlich Folgendes vor: er leiht jedem von ihnen 10 Goldstücke für die Dauer eines Jahres, zu einem Zinssatz von 10%. Nach einem Jahr sollen sie den Kredit und die Zinsen an ihn zurückzahlen, in der Zeit bis dahin können sie seine Goldstücke als Geld verwenden. Es müsste eigentlich sofort auffallen, dass der Banker nach einem Jahr von den Einwohnern der Insel 110 Goldstücke (100 + 10%) verlangen wird, obwohl er ihnen nur 100 zur Verfügung gestellt hat. Da niemand außer ihm über Goldstücke verfügt, er also das Monopol auf die Geldschöpfung besitzt, können die Menschen die für die Zinsen erforderlichen Währungseinheiten auch sonst nirgendwo beschaffen.
Wie können die Menschen nun aber dennoch ihre Verträge mit dem Geldverleiher erfüllen? Dafür gibt es nur zwei Lösungen: Entweder einer von ihnen muss seine 10 Goldstücke an die anderen neun Mitbewohner verlieren, d.h. insolvent werden, damit diese ihre Tilgungen und Zinsen bezahlen können, oder die Menschen müssen zur Bezahlung ihrer Zinsen abermals einen Kredit beim Geldverleiher aufnehmen und geraten so immer mehr in die Abhängigkeit von diesem. Die erste Variante, der Konkurs eines bzw. einiger Wirtschaftsteilnehmer (damit die anderen ihre Zinsen begleichen können), besitzt in der freien Marktwirtschaft einen speziellen Namen: gesunder Wettbewerb . Tatsächlich existiert Konkurrenz in unserem Wirtschaftssystem ausschließlich deshalb, weil die Banken Schuldgeld, also ungedecktes Geld, welches immer nur zugleich mit einer Schuld erzeugt wird, gegen Zinsen verleihen.
Soweit das Zitat. Die Parallele zum Goldschmied Fabian springt ins Auge - und paßt leider zum weinerlichen Gejammer von Franz Hörmann am Anfang seines Vortrags. Es gibt die Redensart: "Wer viel entschuldigt, hat auch viel zu entschuldigen." Und für jemanden, der ein rechtsstaatliches Verhältnis zu Gaskammern und Auschwitz hat, jammert nicht stundenlang rum und erzählt pseudowissenschaftliche Märchen, um seine "Gesinnung" zu kaschieren.
Wenn ich versuche, mich dem Text sachlich zu nähern, muß ich sagen, daß ich das nicht kann. Abgesehen davon, daß Hörmann hier ein antisemitisches Klischee bedient, und die Allegorie ist spätestens seit Jud Süß so ins kollektive Gedächtnis des kollektiven Gedächtnisses des deutschen Sprachraums eingebrannt, ja länger noch, seit Shakespeares Der Kaufmann von Venedig ist "ein Jude" synonym zu "betrügerischer Bankier", hätte Hörmann hier auch gleich offene Hetze gegen die Juden raushauem können.
Ich will mich zwingen, eine Annäherung dennoch zu versuchen.
Die erste Frage bei dem vorgestellten Szenario lautet doch: Was sollen die Insulaner überhaupt mit Gold? Das fällt hier vom Himmel, es gibt offenbar (vor der Ankunft des Bankiers ist Gold nie erwähnt worden) gar keine Nachfrage nach dem Zeug - was zum Teufel sollen die Leute mit Goldstücken?
Die eigentliche Diskussion, die hier zu führen ist, ist die Diskussion der Geschichte des Geldes. Ich habe mich nicht damit beschäftigt, aber hier wäre zu recherchieren, wie der Gebrauch von Münzgeld überhaupt in Gebrauch gekommen ist.
Da Münzen typischerweise hoheitlich ausgegeben werdem, liegt die Vermutung nahe, daß Münzen zunächst im Verhältnis zwischen Obrigkeit und Untertanen entstanden ist, wobei die Obrigkeit, "Der Staat", als Handelsintermediär aufgetreten ist. Neben hierarchischen Herrschaftssystemen ist auch ein Handelsintermediär wie die Hawala denkbar.
In jedem Fall sind Münzgeld oder Goldstücke ohne einen Handelsimtermediär vollkommen sinnlos. Die "Güterwirtschaft" und die "Goldwirtschaft" im Beispiel sind völlig disjunkt, sie haben keinerlei Berührungspunkt.
Das ganze Beispiel ist vermutlich nur dazu da, in den Zuhörern antisemitische Ressentiments zu wecken und den Juden die Schuld an unserer heutigen Finanzmisere zu geben und das ganze in eine Allegorie aus "Realwirtschaft" und (jüdischer) "Finanzwirtschaft" einzukleiden - vor diesem Hintergrund wundert mich die vorübergehende Suspendierung Hörmanns (siehe seine Homepage nicht wirklich.
Der Sinn eines Zwischentauschmittels, das sich zum immateriellen Verrechnungsvehikel entwickelt, ist überhaupt nur verständlich, wenn eine Wirtschaft das Institut eines Handelsintermediärs entwickelt, der analog zum Finanzintermediär zwischen den einzelnen Wirtschaftspartnern vermittelt.
Es verwundert nicht, daß sich Handelsintermediäre dort als sinnvoll erweisen, wo nicht "der Bauer seine Kartoffeln selbst zu Markte tragen kann", sondern wo eine arbeitsteilige Gesellschaft auch hochentwickelte Systeme der Lagerung, des Transports und der Logistik entwickelt - Mechanismen, die Hörmann in seinem "Inselparadies" gar nicht braucht.
Es ist sicher interessant, das historisch zu beleuchten. Der Gedanke des Intermediärs findet sich tatsächlich im Modell des Wirtschaftskreislaufs wieder. Die (am besten saldenmechanisch auflösbare Ambiguität zwischen "Sektoren" und "Subjekten" der Wirtschaft läßt die Deutung des Unternehmenssektors als Handelsintermediär zu. Die HO der DDR hat einen Handelsintermediär als staatliches Unternehmen implementiert.
Ich vermute mal, ich bin kein Ökonom, daß Handel zunächst als reiner Tauschhandel zwischen Wirtschhaftssubjekten begonnen hat und sich im Laufe der Geschichte das Institut des Handelsintermediärs, möglicherweise ausgehend von einer staatlichen Obrigkeit oder Systemen wie der bereits erwähnten Hawala, entwickelt hat. Wobei Tauschhandel und ein System mit Handelsimtermediär durchaus übergangsweise nebeneinander bestehen können.
Daß Geld ein modernes Steuersystem ermöglicht, erwähnte ich schon. Insofern wird die Entwicklung eines Zwischentauschmittels und das Institut von Handelimtermediären parallel mit der Entwicklung der neuzeitlichen Staatstheorie verlaufen sein.
Doppelte Buchführung
Die Doppelte Buchführung beerdigt Hörmann auf Seite 43 seines Buches mit den Worten ab: "Bringt man dieses Kriterium die Widerlegbarkeit wissenschaftlicher Behauptungen zur Anwendung, so können diese Prüfung weder die Zinseszinsregel noch die doppelte Buchführung bestehen."
Um deutlich zu werden: Solcher Schwachsinn regt mich auf, hier wird der Leser vorsätzlich betrogen. Es ist eine bodenlose Sauerei, hier von "Wissenschaftlichkeit" und "Widerlegbarkeit" zu schwadronieren, wenn man den Unterschied zwischen einer (widerlegbaren) Theorie und einer (nicht widerlegbaren) Definition, einer Vereinbarung, nicht kennt.
Eine solche Vereinbarung ist z.B. die Vergabe von Vornamen an die Kinder. Seinem Lebenslauf zufolge hat Franz Hörmann einen Sohn und eine Tochter und für diese beiden hat er, vermutlich zusammen mit der Mutter, die Vornamen Leonhard und Sophie vereinbart. Dies ist eine Vereinbarung, eine Definition, und eine solche ist einer Widerlegung schlicht nicht zugänglich.
Die doppelte Buchführung ist keine wissenschaftliche Theorie (und erst recht keine Geheimwissenschaft), sie ist eine Definition. Eine Vereinbarung, wie Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen sind.
Ein Professor für Rechnungswesen sollte das wissen. Und er hat seinen Studenten diese Vereinbarung zu vermitteln, zumal die Form der Buchhaltung im Handelsgesetzbuch vorgeschrieben ist.
Was ist eine Bank?
Die landläufige Vorstellung ist vermutlich die eines Geldspeichers. Wobei Banken oft allerlei nebulöse Tätigkeiten angedichtet werden - vor allem die Geldschöpfung, ein Begriff, mit dem ich offen gestanden nichts anfangen kann. (Ich weiche daher im folgenden formal von der üblichen Sprechweise ab, es geht hier aber um die Sprechweise, nicht um den Inhalt. Der ist mit den heute allgemein anerkannten Begriffen und Inhalten kongruent.) Geld im heutigen - und im hier entwickelten - Verständnis hat keine Substanz. Im materiellen Sinne "ist" Geld nicht. Daher muß Geld auch nicht "geschöpft" oder "erschaffen" werden.
Wir werden daher im übernächsten Abschnitt über Geld reden, dazu ist es zunächst notwendig, über Forderungen und Verbindlichkeiten zu reden, was im Folgeabschnitt geschieht.
Es geht mir nicht darum, grundsätzlich in Wettbewerb zum Wikipedia-Artikel Bank zu treten. Im Zusammenhang mit der vorliegenden Seite geht es mir darum, die für das Verständnis von Geld wichtigen Bankgeschäfte zu verstehen. In diesem Sinne ist eine Bank ein Wirtschaftssubjekt, das Bankgeschäfte betreibt. Und zu diesen Bankgeschäften zählt der An- und Verkauf von Forderungen. Wir fassen also eine Bank als ein Geschäft auf, daß Forderungen an- und verkauft.
Neben die Funktion des "Forderungskoofmich" kriegt eine Bank noch eine zweite, wesentliche, Aufgabe aufs Auge gedrückt: Sie ist Notar. Wenn eine Bank eine Forderung ankauft, ist es ihre Sache, wie sie diese beitreibt. Sofern durch den Forderungsankauf eine Bilanzverlängerung erfolgt ist, geht die Bank ihrerseits eine Verbindlichkeit ein, für die sie selber haftet. Dieser Teil des Bankgeschäftes heißt auch Risikotransformation. Und es ist Aufgabe der Politik, durch geeignete Vorgaben, wie etwa die gesetzliche Festlegung einer ausreichenden Eigenkapitalquote für Banken, sicherzustellen, daß eine Bank dieses Haftungsrisko auch tragen kann.
Forderungen und Verbindlichkeiten
Diese können zwischen beliebigen Wirtschaftssubjekten bestehen, insbesondere braucht es dazu keine Bank: Wenn etwa ein Schuhmacher und ein Schneider übereinkommen, daß der Schuhmacher dem Schneider ein paar Schuhe anfertigt und im Gegenzug der Schneider dem Schuhmacher einen neuen Anzug, begründet der zwischen beiden geschlossene Vertrag gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten. Diese werden monetarisiert, das heißt, Forderungen und Verbindlichkeiten werden in Geldeinheiten gemessen. Wie wir diese nennen, ist im Grund belanglos. (Die Einheit "1 €" ist in der "Eurozone" gebräuchlich und akzeptiert.), und sie werden in den Bilanzen der Wirtschaftssubjekte in Form von Aktiva dokumentiert. Es ist dabei im buchhalterischen Sinne gleichwertig, eine Forderung als Gut oder Leistung zu notieren und dabei in Geldeinheiten zu bewerten, oder "nur" den Geldbetrag zu notieren. In der Schrift Geldwirtschaft (Seite 10) zitiert Heinz-Peter Spahn dazu Sir Ralph George Hawtrey mit dem Satz "Eine Schuld ist im Grunde eine Verpflichtung, nicht Geld, sondern Güter (wealth) hinzugeben." Hierzu verweise ich auf das Bedeutungsfeld des Wortes "wealth" im Englischen. Merke aber ausdrücklich an, sonst käme dsa zu kurz, daß ein "Gut" auch äquivalent eine (Arbeits-)Leistung sein kann, die der Gläubiger als Begleichung der Schuld akzeptiert. Grundlage hierzu ist, wie eingangs in diesem Abschnitt immer der Vertragsschluß, in dem Güter oder Leistungen monetarisiert werden.
Irgendwelches Nazigewäsch, "daß das Geld nichts anderes ist und sein darf, als eine Anweisung auf geleistete Arbeit", von Nazi-Ideologe Gottfried Feder (zitiert nach Wikipedia Artikel "Brechung der Zinsknechtschaft" das den Vertragsschluß, also die Übereinkunft zwischen Leistungserbringer und Leistungsinanspruchnehmer, ignoriert und "Arbeit" zu einer Art "magnetischer Monopol" umfunktioniert, ist als heterodox abzulehnen. Gerade weil derartige Auffassungen immer wieder modern werden, gerne auch im ach so biblischen Wortlaut "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", das dann von angeblich linken Solzialbraunhemden wie Franz Meurer oder Franz Müntefering emaniert wird.
Zu Meurer verweise ich auf einen Ausschnitt der Talkshow der "Klofrau der Medialen Pissrinne", wo Politiker ihre "Sprechblasen entleeren" (Georg Schramm). Meurer entleert sich also wie folgt: "Wenn ich Macht hätte, bekäme keiner Geld ohne zu arbeiten." (Ab Sekunde 56.) Völlig kenntnisfrei ignoriert Meurer das Vertragsverhältnis - und entgleist zum Sozialnazi, der eigentlich zum Priesterkragen ein braunes Hemd tragen sollte, damit Farbspiel und "Gesinnung" zueinander passen.
Auf die schlichte Aussage, daß keiner arbeiten darf, ohne auch Geld dafür zu bekommen, kommt Franz Meurer nicht. Er müsste dann nämlich einräumen, daß diejenigen, die in Lohn und Brot stehen, nicht diejenigen "mit durchfüttern müssen", die keine Arbeit haben - sondern diesen die Arbeit wegnehmen. Und mit Meurers Einstellung würde er besser zur NSDAP und zum Reichsarbeitsdienst passen als zur katholischen Kirche. Nun haben sich in Deutschland Kirchen schon immer gerne als ideologische Einpeitscher der Herrschenden verstanden. Meurer paßt also ins Bild.
Wir haben in unserer Gesellschaft die übereinkunft, daß Schuld durch Geld, ebenso wie durch Güter oder Leistungen getilgt werden kann, buchhalterisch wird dies nicht unterschieden. Dies unterstreicht, daß Geld weniger ein "materielles Zwischentauschmittel" ist sondern eine Verrechnungseinheit: In einer Bilanz erscheint eine Forderung (umd eine Verbindlichkeit natürlich auch) immer als Wert in Geldeinheiten.
Durch diese Bemerkung wird auch deutlich, warum ich mit dem Begriff
der Geldschöpfung nichts anfangen kann:
Wenn derzeit etwa die Forderung erhoben wird, die Gehaltsschere innerhalb eines Betriebes zu begrenzen, daß also das maximale und das minimale Jahresgehalt, das ein Arbeitgeber zahlt, sich nur um einen Faktor 20 (wenn ich mich recht erinnere, fordert das Heiner Geißler) oder um einem Faktor 12 (das ist wohl die Forderung der Linkspartei) unterscheiden dürfen, dann ist dies genau ein Ringen um angemessene Verträge und Vergütungen. Ebenso ist die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn ein solches Ringen. Wer arbeitet, muß an der Gesellschaft teilhaben dürfen (Herr Meurer, falls Sie das lesen: Ja, das gilt ganz genau Ihnen!) und, nochmal an Herrn Meurer gerichtet, wem die Gesellschaft keine (Erwerbs-)Arbeit zugesteht, dem muß die Gesellschaft das Recht auf Teilhabe (und nicht nur ein aufs animalische reduziertes Sterbeverbot) durch Lohnersatzleistungen zugestehen. (Dies sage nicht ich, das sagt Artikel 1 des Grundgesetzes.)
Wir reden hier nicht über "wissenschaftliche Theorien", wir reden über "Definitionen", inbesondere über eine gesellschaftliche Übereinkunft. Und zu einer angemessenen solchen zu kommen, muß in einer funktionierenden Demokratie möglich sein.
Das hat für mich auch etwas mit Freiheit zu tun. Auch wenn ich hier die Bibelstelle "Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und laßt Euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!"(Galater 5,1, Luther, Revision 1984) etwas anders verstehe als ein bekannter evangelischer Pastor aus Rostock.
Aber zurück zum Thema "Forderungen und Verbindlichkeiten", damit wir den Faden wieder aufnehmen.
Die Einsicht, die ich dem Leser jetzt abverlangen muß, ist die, daß Aktiva verkauft werden können. Da Forderungen Aktiva sind, heißt dies, daß auch Forderungen verkauft werden können.
Eigentlich geschieht im täglichen Leben nichts anderes. Wir kaufen etwa 1 kg Kartoffeln, wir tauschen Geld in Kartoffeln. Vor dem Kauf befindet sich das Geld z.B. in Form von Bargeld bei den Aktiva des Endverbrauchers, die Kartoffeln befinden sich im Warenbestand des Supermarktes. Nach dem Kauf befinden sich die Kartoffeln im Warenbestand des Endverbrauchers, das gezahlte Bargeld im Kassenbestand des Supermarktes.
Zwei Wirtschaftssubjekte tauschen Aktiva. Ob hier zwei Kinder im Kindergarten Spielzeugautos tauschen oder ob ein Supermarkt Kartoffeln verkauft, ist dabei egal, in beidem Fällen tauschen zwei Wirtschaftssubjekte Aktiva.
Sind die getauschen Aktiva dabei gleichwertig, wird dies in den Bilanzen der beteiligten Wirtschaftssubjekte als Aktivtausch dokumentiert. Dieser ist bilanzneutral. Sind die Aktiva nicht gleichwertig, ist derjenige, der das geringwertige Gut hergeben hat, seinem Geschäftspartner noch etwas schuldig, er wird zum Schuldner, der Geschäftspartner zum Gläubiger. Er läßt "anschreiben". Und ich erinnere an das erwähnte Zitat "Eine Schuld ist im Grunde eine Verpflichtung, nicht Geld, sondern Güter (wealth) hinzugeben." (Daß Hawtrey ein enger Freund von Keynes war, ist denn wohl, frei nach Böll, weder zufällig noch beabsichtigt sondern unvermeidlich.)
Hörmanns Irrtümer
Franz Hörmanns Irrtümer zur Kreditschöpfung sind so wesentlich, daß ich hier im einzelnen darauf eingehen muß.
Ab Seite 61 seines Buches erfreut uns Hörmann mit einem "Exkurs: Doppelte Buchhaltung und Bilanzierung", in dem Hörmann den Leser mit einem Gewirr von zum Teil völlig belanglosen Details strapaziert, in dem sich dann leider auch wieder etliches richtige mit etlichen Halbwahrheiten mischt.
Auf Seite 64 kommt Hörmann dann zur "Geldschöpfung aus der Luft" und ab hier wird es dann abenteuerlich.
Ich verweise auf dem Eintrag zu "Geld" im Glossar der Bundesbank:
Geld
Das in einer Gesellschaft allgemein anerkannte Tausch- und Zahlungsmittel, das unterschiedliche Geldformen annehmen kann.
(Hervorhebung von mir.)
"Geldschöpfung" bedeutet also nichts anderes, als daß bei einer Bank eine Verbindlichkeit gegenüber einer Nichtbank verbucht wird. Der Bank fließen Vermögenswerte zu, dies wird in den Aktiva (Mittelverwendung) ausgewiesen, diese sind aus Sicht der Bank Fremdkapital, dies wird auf der Passivseite (Mittelherkunft) ausgewiesen. "Entstehen" tut hier also genau gar nichts. Die Bank hat Verbindlichkeiten, diese werden aus dem Vermögen und den Forderungen bedient.
Tatsächlich wird bei "Geld" ein aktiver Vermögenswert einer Nichtbank als Zahlungsmittel verwendet.
Die "Verwendung" dieses Vermögenswertes wird dabei auf die Aktivseite einer Bankbilanz verlagert, damit die Bank gegenüber Gläubigern in Notars- bzw. Stellvertreterhaftung tritt. Es wird hier weder etwas geschöpft noch geschaffen noch ensteht etwas aus der Luft: "Bezahlen" tun wir mit realen Werten. Das einzige was bei der Kreditvergabe durch eine Bank passiert ist, daß reale Vermögenswerte haftungsrechtlich umgewidmet werden, wobei der Gläubiger einer Bank in besonderer Weise vor einem Debitorenausfall geschützt wird.
Ab Seite 66 geht es dann völlig durcheinander, da begreift Hörmann nicht, was Mindestreserven sind - überhaupt scheint hier einem Universitätsprofessor für Rechnungswesen gar nicht klar zu sein, wie eine Bank funktioniert und was die Stellvertreterhaftung einer Bank überhaupt bedeutet. Die Mindestreserve ist da auf einmal Eigenkapital und soll etwas mit der Kreditvergabe zu tun haben.
Auf Seite 66 findet sich auch der Unfug:
Eigenkapital ist aber nichts anderes, als die rechnerische Differenz zwischen der Summe aller Posten der Aktivseite und den Schulden auf der Passivseite der Bilanz.
Zur Zeit der alten Römer hätte man so einen Unsinn mit Galeerenhaft bestraft - nur sind die Galeeren offenbar von den Piraten gekapert worden, darum hat Tobias Deiters diesen Schwachsinn in seinem Vortrag: Geld entsteht - Geld vergeht weiterverbreitet.
So verbreiten sich Märchen.
Mindestreserve
Auch hier lohnt sich ein Blick ins Glossar der Bundesbank. Der Wikipedia-Beitrag zum Mindestreservesatz ist allerdings noch klarer.
Eigenkapitaldecke
Wie bei jedem Geschäft ist das Eigenkapital einer Bank der dokumentierte Anspruch der Eigentümer am Vermögen der Bank. Hier haben Personen einer Bank Vermögen zur Verfügung gestellt - im oben bereits gebrauchten Sprachgebrauch umgewidmet - und wie bei jedem anderen Geschäft auch soll sich das Eigenkapital durch Gewinne vermehren, damit Eigenkapitalgeber ihr Vermögen auch werterhaltend angelegt haben.
Gleichzeitig ist das Eigenkapital einer Bank aber auch
Bleibt nach einer Abwicklung ein Reinvermögen über, wird dies auf die Eigenkapitalgeber anteilig verteilt.
Bleiben nach einer Abwicklung Schulden, kommt es auf die Rechtsform des Geschäftes an, was passiert. Bei einer Aktiengesellschaft kriegen die Gläubiger das, was noch zu holen ist - die Aktinäre können sich mit ihren Aktien von mir aus die Wand tapezieren, die Dinger sind wertlos. Habe ich gesamtschuldnerisch haftende Investoren, haften die bis zur vollständigem Bedienung aller Verbindlichkeiten mit ihrem ganzen, insbesondere also auch dem privaten, Vermögen.
Bei einer Privatbank, etwa dem BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG haftet z.B. eine Kommanditgesellschaft und dabei wenigstens der Komplementär gesamtschuldnerisch.
Der geschätzte Tobias Deiters wird den Unterschied zwischen einer "virtuellen Größe" und "haftendem Kapital" spätestens dann begreifen, wenn er als Eingetragener Kaufmann eine Bank aufmachen und damit in die Insolvenz geraten sollte.
Bei einer Aktiengesellschaft, etwa der Deutsche Bank AG haften die Aktionäre nur mit ihrer Aktie, vulgo: da ist nichts zu holen. Um so wichtiger ist es für den Gläubiger einer solchen Bank, daß die Bank über ein ausreichendes Reinvermögen verfügt um im Ernstfall Spareinlagen oder andere Guthaben auszuzahlen.
Aus Sicht vor allem privater Sparer, deren Einlagen in besonderer Weise geschützt werden müssen, ist es hier sinnvoll, für Banken eine hohe Kernkapitalquote vorzusehen und vor allem auch die Aktiva einer Bank hinreichend konservativ zu bewerten, um im Fall eines Debitorenausfalls die Verbindlichkeiten mit hoher Gläubigerquote bedienen zu können.
An dieser Stelle ist ein Punkt in Hörmanns Buch - trotz aller Kritik - sogar ausdrücklich lobend hervorzuheben. Auf Seite 66 heißt es:
So dürfen etwa Banken im Euro-Raum seit Oktober 2008, um das Vertrauen in die Banken nicht zu erschüttern - welch ein Hohn - , ihre Wertpapiere bewerten wie sie wollen und müssen bei Wertverlusten diese nicht mehr in den Bilanzen ausweisen, also keine Abschreibungen vornehmen. Kein Wunder, wenn Banken dann wieder Gewinne in den Bilanzen ausweisen und die Boni der Banker kräftig sprudeln, während die Staaten in Konkurs gehen und der Bevölkerung Sparpakete aufgezwungen werden.
Leider kommt danach sofort die Klage über die Unvorhersehbarkeit von Risiken, die dann einer berechtigten Kritik mit einer eher unsachlichen Einschätzung wieder die Spitze abbricht:Risikotransformation ist eine Aufgabe von Banken und völlig risikofreie Geschäfte gibt es bei Banken genausowenig wie in anderen Geschäften.
Auch verschmiert Franz Hörmann andauernd berechtigte Forderungen nach Regeln für den Finanzmarkt mit Fundamentalkritik am Geldsystem.
In diesem Zusamenhang verweise ich auch gerne auf Jens Bergers Beitrag Häufig gestellte Fragen: Warum wir dringend ein echtes Trennbankensystem brauchen auf den Nachdenkseiten.
Was ist Geld?
Die Frage, was Geld eigentlich ist, ist eine der ersten Fragen, die Franz Hörmann stellt - um sie dann nie zu beantworten.
Nachdem ich mir bisher die Mühe gemacht habe, Forderungen und Verbindlichkeiten zu vertiefen und zu erläutern, was eine Bank ist bzw. welche Aufgaben sie hat, bereitet es wenig Mühe zu verstehen, was Geld ist.
Im Wikipedia-Artikel zur Geldbasis heißt es dazu: "Die Geldbasis stellt Verbindlichkeiten der Zentralbank gegenüber Geschäftsbanken und Nichtbanken dar."
In einem Glossar der Bundesbank habe ich vor längerer Zeit die Defintion gefunden: "Geld ist die Verbindlichkeit einer Bank gegenüber einer Nichtbank." Dieser Definition schließe ich mich hier an.
Aus Sicht einer Nichtbank (das ist, ganz simpel, ein beliebiges Wirtschaftssubjekt ohne Banklizenz) ist Geld also eine Forderung gegenüber einer Bank. Und wie im Abschnitt Bank erläutert, haftet die Bank für diese Forderung. Die Bank ist also ihrem Gläubiger gegenüber dafür haftbar, daß der Gläubiger Waren bzw. Leistungen im Wert der Verbindlichkeiten erhält - und wenn der Bankdirektor beim Gläubiger putzen geht und die Schuld der Bank abarbeitet.
Bisweilen lese ich, Geld sei lediglich eine Forderung nach Geld. Das ist Blödsinn. Wie Ralph Hawtrey formulierte, ist Geld eine Forderung nach Waren oder Leistungen. Zwar mag die Vorstellung, Anshu Jain oder Jürgen Fitschen würden im Horst Schlämmer Smoking auflaufen und Verbindlichkeiten gegenüber ihren Schuldnern per Kehrwoche abarbeiten, etwas ungewohnt sein - aber das ist eben das Berufsrisikos eines Bankiers. (Für schwäbische Mitleser, die den Artikel über die Kehrwoche nicht verstehen, weil zu viele Fremdworte drin sind: "Gehsteig" ist ein norddeutsches Fremdwort, gemeint ist das Trottoir.) Wer also eine Banklehre anstrebt, kann sich hier Anshu Jain und Jürgen Fitschen bei der aktiven Bankiershaftung anschauen. (Das Frau Kächele nicht nur das Trottoir kehren kann sondern auch politisch aktiv ist, sieht man z.B. hier.) Und wer jetzt meint, daß die DeuBa Kredite an Griechenland vergeben hat (wie Jens Berger zutreffend erläutert, sind das die Spareinlagen, auf die wir so sehr hoffen) können sich Anshu Jain und Jürgen Fitschen auch zur Kehrwoche mit Musik vorstellen.
Insofern dient die aktuelle Bankenkrise sowohl der musischen Volksbildung als auch der körperlichen Ertüchtigung und der kommunalen Hygiene.
Diese Forderung kann auf verschiedene Arten dokumentiert, genauer: beurkundet sein. Es kann durch die Urkunde (ich erläuterte bereits, daß eine Bank die Funktion eines Notars wahrnimmt) einer Geschäftsbank geschehen, das ist zum Beispiel ein Sparbuch. Eine weitere Möglichkeit ist ein Sparbrief, der als Namensschuldverschreibung nicht übertragbar ist.
Im Prinzip eignet sich eine Forderung einer Nichtbank gegenüber einer Bank bereits als Zahlungsmittel, also als Geld, weil ich Forderungen gegenüber meiner Bank durch Überweisung an einen anderen Kunden meiner Bank übertragen kann.
Um über Forderungen gegenüber einer Bank unabhängig von Banköffnungszeiten und Homebanking verfügen zu können, ist es hilfreich, diese durch Inhaberschuldverschreibungen zu dokumentieren. Diese werden z.B. in Form von Banknoten ausgegeben. Und damit nun nicht jede einzelne Bank ihre eigenen Geldscheine hat und um es zu erleichtern, Geld (wir erinnern uns: Verbindlichkeiten einer Bank gegenüber einer Nichtbank) von einer Bank zur anderen übertragen zu können, haben wir innerhalb eines Währungsgebietes
- eine gemeinsame Währung, d.h. einen verbindlichen Wertmaßstab, mit dem Forderungen und Verbindlichkeiten bewertet werden und zusätzlich
- eine Zentralbank,
die
- hoheitlich das Münzregal ausübt, wobei sich das Münzregal auf Münzen und Baknoten erstreckt, im Falle der EZB sind dies die Banknoten und Münzen des € Bargeldes,
- Aktiva von Geschäftsbanken an- und €-Bargeld an die Geschäftsbanken verkauft,
- durch die Führung von Kontokorrentkonten einen bargeldlosen Zahlungsverkehr zwischen den Geschäftsbanken ermöglicht.
Wie entsteht Geld?
Wenn ich jetzt aber mal ganz frech bin, sage ich einfach: Geld entsteht, indem ich mir ein Blatt Papier und einen Stift nehme und mir das Geld hinschreibe. Wenn ich mich auf meine Aussagen aus dem Abschnitt Geld beziehe, lautet die Antwort: Ich muß mir eine Forderung gegenüber einer Bank verschaffen. Etwas formaler: Wenn eine Nichtbank in den Besitz von Geld kommem will, kann die Nichtbank Aktiva an eine Bank verkaufen. Und genauso kann sich eine Geschäftsbank eine Forderung gegenüber der Zentralbank verschaffen: Sie verkauft Aktiva an die Zentralbank. Wenn ich mir den Wikipedida-Artikel zur Geldschöpfung anschaue - und im übrigen auch die Aussagen von Franz Hörmann, der Mann sagt ja auch richtiges, wie es sich für Halbwahrheitsesoteriker gehört, dann ist das kennzeichnende bei der Geldentstehung die Bilanzverlängerung.
Und nun versuchen wir das mal zusammenzubringen. Es sollte deutlich geworden sein, daß Geld nichts anderes ist als eine "herumgereichte Forderung". Wobei Banknoten michts anderes sind als eine Inhaberschuldverschreibung. Und diese sind eine Form eimes Wechsels. Auf einer Webseite fand ich mal die entsetze Feststellung: "Wußten Sie, daß Banknoten Wechsel sind?" - Da erlaube ich mir die Gegenfrage: "Haben Sie je eine Schule besucht? Da hätten Sie das gelernt!"
Und im Sinne eines Wechsels kann ich mir tatsächlich Geld selber schreiben. Im Handel sind geeignete Formularvordrucke erhältlich.
Die zur "Geldschöpfung" nötige Bilanzverlängerung ist dabei kein Problem. Auch wenn das folgende etwas unorthodox aussieht, ich sehe nicht, warum das nicht gehen sollte: Ich leihe mir selber Geld. Ich, Detlef Bosau, ziehe einen Wechsel auf mich selber, und darin verpflichte ich mich, dem bezogenen innerhalb einer Frist einen Betrag zu zahlen. Sobald jemand (z.B. ich) diesen Wechsel akzeptiert, also "querschreibt", hat dieser gegen mich eine Forderung. Und ich habe gegenüber diesem eine Verbindlichkeit. So kann ich das auch in meiner eigenen Bilanz buchen: Auf der Aktivseite steht (im Soll) eine Forderung (gegenüber mir selber), auf der Passivseite steht (im Haben) eine Verbindlichkeit gegenüber mir selber. Wird der Wechsel fällig, verrechne ich die Forderung, die ich gegen mich selber habe, mit der Verbindlichkeit, die ich gegenüber mir selber habe, und zerreisse den Wechsel - und alles ist gut.
Da ein Wechsel selber bereits zur Bedienung von Verbindlichkeiten genutzt werden kann, kann ich die so erzeugte Forderung, den "Aktivposten" zur Bedienung von Verbindlichkeiten weitergeben - und so kann der Wechsel eine ganze Serie von Indossaments tragen, wenn der letzte Begünstigte mit dem Wechsel beim Bezogenen, also mir, vorstellig wird und die Bedienung der Verbindlichkeit verlangt - muß ich die Verbindlichkeit bedienen. Und wir erinnern uns an die Aussage von Ralph Hawtrey, daß ich Güter hergeben muß. Also im Zweifel muß ich dem Indossatar das Trottoir kehren.
Das ganze wird deutlich einfacher, wenn der Wechsel von einer Bank akzeptiert wird. Und zwar nicht derart, da0 die Bank als Indossant auftritt und diesen dann weiter indossiert. Sondern die Bank akzeptiert den Wechsel - treibt die Schuld ggf. beim Bezogenen bei, und tritt gegenüber einem Begünstigten nicht als Indossant eines Wechsels auf - sondern ihrerseits als Schuldner. Das ganze ist ein Fall vom Risikotransformation.
Im Grunde würde die Auffassung von Geld als Wechsel, der durch eine ganze Folge von Empfängern indossiert wird, und bei dem der letzte Indossatar die Schuld beim Bezogenen die Schuld beitreibt, am klarsten aufzeigen, was Geld eigentlich ist: Ein Wechsel, der von einem Empfänger zum nächsten weitergereicht und indossiert wird - umd der letzte Indossatar steht beim Bezogenen mit Kehrwisch, Kuddrschaufl und Putzlumpen vor der Tür.
Herrn Jain und Herrn Fitschen würde das gefallen: Ginge es nach diesen, würden die Griechen in Deutschland das Trottoir kehren. Nur leider - hat die Deutsche Bank eine Banklizenz - und vor meinem geistigen Auge sehe ich ein Trottoir wie von Frau Kächele und Frau Peters geputzt - und eine Heerschar fleißiger Bankangestelter.
Im Prinzip ist also eine Banknote nichts anderes als ein Wechsel - der Unterschied ist, wer als Schuldner das Trottoir kehrt. (Und da haben Herr Jain und Herr Fitschen Glück gehabt: Bei einer €-Banknote ist das Herr Draghi.)
Wie ordnen wir Kredite in unsere Überlegungen ein?
Dieser Abschnitt ist eigentlich fast gar nicht nötig, den Inhalt kann sich eigentlich jeder selber denken. Dennoch möchte ich Kredite in die bisherige Systematik kurz einordnen. Wenn dabei versehentlich das eine oder andere etwas klarer wird, worüber vielleicht nicht nur ich hin und wieder in der Presse gestolpert bin, soll mich das nicht stören.
Wenn ich in den Wikipedia-Artikel zur Geldschöpfung schaue, stolpere ich im Unterabschnitt Geldschöpfung durch die Zentralbank auf den Satz: "Die Zentralbank kann Zentralbankgeld durch den Ankauf von Aktiva wie Devisen, Immobilien, Edelmetallen oder Wertpapieren von den Geschäftsbanken bzw. an den Börsen erwerben und im Gegenzug Gutschriften buchen (Offenmarktpolitik)." Wer sich bis hierhin durch diese Seite gequält hat, ist im Abschnitt Wie entsteht Geld? bereits über diese Wortwahl gestolpert, ich hatte dort zur Geldentstehung die Konstruktion eines auf mich selbst bezogenen Wechsels genutzt. Wer jetzt den NDS Videopodcast 13/11 Geldschöpfung von Jens Berger sieht, wird dort viel über Kredite hören.
Wenn ich bei einer Bank einen Kredit aufnehme, kauft die Bank eine Forderung gegen mich auf und gibt mir dafür Geld. Wenn ich mir etwa zum 1. Oktober 2013 von einer Bank € 1000,- um einen Zinssatz von 10% p.a. für ein Jahr leihe, ziehe ich auf mich selber einen Wechsel, auf der ich meine Bank als Begünstigten angebe und dieser zusage, am 1. Oktober 2014 dem Begünstigen des Wechsels einen Betrag vom € 1100,- zu zahlen. Im vorliegenden Szenario würde sich auch eine Namensschuldverschreibung anbieten. Ich verkaufe meiner Bank also ein Wertpapier, das bei meiner Bank jetzt mit € 1100,- in den Büchern steht. Dafür zahlt mir meine Bank € 1000,-. Ob durch Gutschrift auf mein Konto oder ob durch Barauszahlung ist dabei grundsätlkich belanglos, um aber die Kreditmechanik nicht unnötig kompliziert darzustellen, folge ich einem Rat von Wolfgang Waldner und nehme jetzt einmal an, die Bank würde mir das Geld auf meinem Konto gutschreiben und dieses Konto hat ein Guthaben, erscheint in der Bankbilanz also auf der Passiv-Seite.
Dann habe ich bei der Bank eine Bilanzverlängerung "Forderungen an Verbindlichkeiten" um € 1100,-, wobei der Buchungssatz auf der Soll Seite das Konto "Forderungen gegen Kunden" um € 1100,- mehrt und auf der Haben Seite das Konto "Zinserträge" um € 100,- und das Konto "Verbindlichkeiten an Kunden" um € 1000,- mehrt. Die Bilanzsumme ist also um € 1100,- gestiegen.
Ich erinnere mich auch an manche Irritation über griechische Staatsanleihen, bei denen man Griechenland einmal empfohlen hat, diese zurückzukaufen, als diese im Kurs sehr niedrig standen.
Das ganze ist jetzt auch mal eine gute Gelegenheit, den oft verbreiteten Schwachsinn von der "Geldschöpfung aus dem Nichts" zu beleuchten.
Zins
Die Grundlagen des Zinses werden im Wikipedia-Artikel zum Zins erklärt. Dort sind auch etliche Zinstheorien aufgeführt. Wir könnten jetzt auch über Zinskritik reden - wobei ich mich da jetzt etwas hüte, mich mit Jens Berger anzulegen. Ich finde beides, Zinstheorie wie Zinskritik, ebenso müßig wie unsinnig. (Unsere eher arbeitistisch ausgelegte Arbeitsagentur könnte ja von Hartz-IV Empfängern Aufsätze darüber schreiben lassen.)
Ich habe bereits mehrfach
auf Hawtreys
Auffassung hingewiesen, das Schuld die Pflicht zum Erbringen einer
Leistung oder Lieferung einer Ware darstellt. Sie ergibt
sich
Und damit bin ich bei drei zentralen Denkfehlern, die mir in der Debatte immer wieder begegnen:
- Buchhalterisch sind Leistung und Geldwert äquivalent. Ob ich hier nun mit dem Begriff des Zwischentauschmittels argumentiere oder dem Begriff des Wertverhältnisses, ist dabei völlig belanglos.
- Foderungen
ergebn sich aus Verträgen, dieses Mantra kann ich nicht oft genug
wiederholen, sie haben ganz genau
gar nichts mit Banken zu tun. Auch wenn wir, sofern wir die Dienste von Banken in Anspruch nehmen, bestimmte Verbindlichkeiten, nämlich die einer Bank an eine Nichtbank, mit dem Begriff Geld auszeichnen, ändert das ganze nichts am Wesen vom Forderungen und Verbindlichkeiten. Diese beschreiben Rechtsansprüche zwischen Wirtschaftssubjekten. Nicht mehr und nicht weniger. - Dienste nehme ich genau dann in Anspruch, wenn ich sie brauche. Insbesondere nehme ich die Dienste vom Finanzintermediären, etwa von Banken, nur dann in Anspruch, wenn ich diese auch brauche. Ich nehme auch die Dienste einer KFZ-Werkstatt nur dann in Anspruch, wenn ich ein Auto besitze und dies gewartet oder gerichtet haben möchte. Wenn ich kein Auto besitze, brauche ich keine KFZ-Werkstatt. Das hat nichts damit zu tun, ob ich "modern" oder "rückständig" bin.
In diesem Zusammenhang weise ich auf den Artikel zum Zins und zur Zinskritik von Jens Berger hin. Jens Berger weist sehr deutlich auf den Aspekt der Risikotransformation hin.
Zwei Akzente möchte ich dazu besonders hervorheben, die schon angeklungen sind, aber da scheint mir doch der Hase
im Pfeffer zu liegen. Das eine ist die
Nun, die Aussage ist erstens nicht richtig und zweitens falsch. Erstens will die Bank keine 110,-
Anders formuliert: Man könnte mir 100,- € leihen - und als Zins von mir verlangen, daß ich das Trottoir kehre. Und der Film Jud Süß (1940) kann im Archiv bleiben.
Das zweite ist der Akztent des Zwischentauschmittels das ich vom Wort her furchtbar finde, weil es sehr gegenständlich ist, das macht es aber anschaulich. Geld wird verwendet um Wertverhältisse darzustellen.
PISA Test für Erwachsene, man möge sich Beispielfragen bei der Zeitung des Bundesinstituts für Intelligenzförderung, Lebensbewältigung und Desastervermeidung anschauen: Wieviel Pferd kostet ein Huhn? Das ist das Wertverhältnis, von dem Hörmann so angstvoll redet.
Nehmeh wir an, ein Pferd kostet 10000 Huhn, so kostet ein Huhn vielleicht 2 € (ein früherer Marktleiter bei Feinkost Albrecht ist bei PeTA, der wird mich jetzt töten....), und ein Pferd 20000,- €, dann kostet ein Pferd 10000 Huhn und ein Huhn 1/10000 Pferd.
Das entscheidende ist das Wertverhältnis - und nicht der Preis in €. Solange der sich bei Huhn und Pferd in gleicher Weise ändert, ist der völlig belanglos - die Josephspfennig-Geschichte gehört also in Euphegenia Doubtfires Märchenstunde - und nicht mit Dirk Müller in jede zweite Talkshow.
Der Vortrag von Franz Hörmann
Anstrengend ist schon Franz Hörmanns Stimme, die klingt immer etwas wie Kermit im Stimmbruch. Auch hat Hörmann eine eher unpassende Neigung zum "betonenden Kichern". Aber das überlasse ich gerne Hörmanns Logopäden und Rhetoriktrainern. Hier soll es eher um den "Inhalt" des Vortrags gehen und darum, wie hier Leute hinter die Fichte geführt werden.
Gehen wir den Vortrag also mal durch.
Zeit | Kommentar |
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5:42 | Es geht zunächst um Binsenweisheiten, der übliche Einstieg, um Zuhörer einzulullen. Wikr denken, so Hörmann, in Begrifflichkeiten, wir denken in Sprache. (Als nächstes erwähnt er, daß Wasser naß ist.) Es kommt das Erkaufen von Zustimmung über Politikerbashing etc. |
6:54 | Was Geld nicht ist - und dann wird das Zwischentauschmittel abgelehnt. |
7:51 | Kauf-Tausch, beim Kauf ist Geld im Spiel |
19:42 | Glaube, Die Wirklichkeit wird an die Mathematik angepßt. |
20:51 | Was ist die kleinste Einheit beim Geld? Erkennen = Aufmerksamkeit + automatische (assoziative) Kategorisierung über Ähnlichkeitsmuster |
22:14 | Verstehen läuft also über Analogien. Das ist Fachhochschule, das ist nicht Universität. Franz Hörmann mutet uns hier "Küchenerkenntnistheorie" von Tante Friedchen zu. Dem Mann sind offenbar analytisches Denken und Modellbildung völlig unvertraut. |
22:58 | Hörmann erklärt, Glauben sei wichtiger als Verstehen. Und vergleicht Dinge, die er seiner eigenen Logik folgend, nicht vergleichem darf. Hörmann fällt damit in eine Erkenntnistheorie vor der Aufklärung zurück. Und er gibt (heterodoxe) Antworten auf längst geklärte Fragen, mit denen sich die Zuhörer aber möglicherweise noch nicht befaßt haben. Dieses "Überrumpelungsbequatschen" ist das elementare Kochrezept jedes religiösen Erweckungspredigers von Reinhard Bonke bis Ayatollah Chomeini. Und leider hinreichend berüchtigt. |
50:46 | Und jetzt scheint es mir, als ob Franz Hörmann seine Doktorarbeit recyclet und den Computer über alles stellt.... Inhaltlich ersetzt er das bewährte durch - dasselbe. |
Was Hörmann grundsätzlich nicht begreift ist, daß das Konzept der Normierung und des Zwischentauschmittels seit über 2300 Jahren in der menschlichen Kultur eingeführt und bewährt ist. Und das muß Ökonomie zunächst einmal beschreiben.
Es mag dazu theoretisch Alternativen geben, aber wenn sich das Konzept "Geld" in verschiedensten Kulturkreisen vom Mittelmeerraum bis zur Südsee durchgesetzt hat, wobei sich die einzelnen Kulturkreise sogar unabhängig voneinander entwickelt haben, dann ist es höflich ausgedrückt etwas verwegen, diese Tatsache zu ignorieren und ein solches Konzept im Handstreich als "falsch" abzutun. Da mag Franz Hörmann zwar Anhänger um sich scharen - aber letztlich ist und bleibt er ein Sektierer.
Das Geld geht der Ökonomie voran.
Die Ökonomie lehrt uns nicht, wie man Geld macht, sie lehrt uns, wie man mit Geld umgeht. Geld als Zwischentauschmittel und als Wertmaßstab einzuführen, ist grundsätzlich kein Naturgesetz. Und es ist auch durchaus hinterfragbar. Das ändert freilich nichts daran, daß es sich hierbei um ein archetypisches Konzept, eine sehr alte Übereinkunft, handelt, das in der Kulturgeschichte der Menschen tief verwurzelt ist. Und für das Hörmann keine Alternative anbietet.
Wobei sich zudem die Frage stellen würde, ob Hörmann eine Alternative bieten würde, die überzeugend und durchsetzbar wäre.
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